Bewaffnete Milizen ringen um ihren Einfluss."Wir haben keine Sicherheit. Sie üben Selbstjustiz", erklärt Jalil, der Vorsitzende des Übergangsrates.
Auch nach dem Sturz das Gaddafi-Regimes ist in Libyen kein Frieden eingekehrt. Der regierende Nationale Übergangsrat (NTC) schätzt die Lage pessimistisch ein. Demnach könnte Libyen im Bürgerkrieg versinken, wenn die derzeit herrschenden Kämpfe zwischen Milizen nicht unter Kontrolle gebracht würden.
Das Land stehe vor zwei bitteren Möglichkeiten, erklärte der Vorsitzende des NTC, Mustafa Abdel Jalil, am späten Dienstagabend in Bengasi: "Entweder wir gehen strikt gegen die Übergriffe vor und führen die Libyer in eine militärische Konfrontation, was wir nicht akzeptieren, oder wir spalten uns, und das heißt Bürgerkrieg." Jalil reagierte mit seinen Aussagen auf Schießereien zwischen Milizen in einer Geschäftsstraße in der libyschen Hauptstadt Tripolis, bei der vier Kämpfer getötet worden waren.
Neun Monate lang hatten die Rebellen, die aus Dutzenden Städten und vielen verschiedenen politischen Lagern zusammengezogen worden waren, erbittert gegen Gaddafi gekämpft. Nun weigern sich die Milizen, sich wieder aufzulösen. Sie ringen um den größeren Einfluss im neuen Libyen. Und sie sind überzeugt, dass sie in der Hauptstadt eine bewaffnete Präsenz zeigen müssen, wenn sie ihren Anteil an der politischen Macht sichern wollen.
"Die Menschen üben Selbstjustiz"
Der Übergangsrat hat zdamit begonnen, eine funktionstüchtige Armee und Polizei zu bilden, die für Sicherheit sorgen und die Kontrolle von den Milizen übernehmen sollen. Doch Jalil räumte ein, dass der Übergangsrat dabei zu langsam vorankommt. "Wir haben keine Sicherheit, weil die Kämpfer ihre Waffen nicht abgegeben haben, obwohl sie von den örtlichen Räten dazu die Möglichkeit erhalten haben." Und "wenn es keine Sicherheit gibt, wird es kein Gesetz, keine Entwicklung und keine Wahlen geben", sagte Jalil. "Die Menschen üben Selbstjustiz."
(Ag.)