Warum Mitt Romney nicht mehr Steuern bezahlt

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Der Republikaner lieferte 2010 weniger als 14 Prozent seines Einkommens an den Fiskus ab – was ihm Kritik vonseiten der Demokraten, aber auch aus den eigenen Reihen beschert.

Wien. 69 Einkommensnachweise auf 547 Seiten: Mitt Romneys Steuererklärung für 2010 und 2011 beweist eindrucksvoll, dass der republikanische Mitbewerber um das US-Präsidentenamt ein reicher Mann ist. Und die Tatsache, dass der Millionär für 2010 weniger als 14 Prozent seines Einkommens an Steuern abgeliefert hat, versetzt seine politischen Gegner in Rage. „Die Amerikaner wissen, dass das nicht richtig ist“, sagt Präsident Barack Obama.

2010 verdiente der Ex-Gouverneur von Massachusetts 21,7 Mio. Dollar (16,7 Mio. Euro), im Vorjahr waren es 20,9 Mio. Dollar. Auch wenn Romney in absoluten Zahlen hohe Beträge an den Fiskus überwiesen hat (drei Mio. Dollar für 2010 und 3,2 Mio. Dollar für 2011): Die effektive Steuerleistung von 13,9 Prozent beziehungsweise 15,4 Prozent ist zweifelsohne sehr niedrig, wie auch der Republikaner Newt Gingrich kritisiert.

Wie kann es also sein, dass ein Multimillionär auf völlig legalem Weg nicht mehr Steuern abliefert? Des Rätsels Lösung ist schnell gefunden. Romney erzielt den größten Teil seines Einkommens aus Investments. Der frühere Chef der Beratungsgesellschaft Bain & Company hält nach wie vor Anteile an separat gegründeten Teilgesellschaften (etwa an Bain Capital).

Der Fiskus greift doppelt zu

Gewinne aus Beteiligungen werden in den USA mit 15 Prozent besteuert. Eine niedrigere Besteuerung von Ausschüttungen wie Dividenden ist in den meisten Ländern üblich und keineswegs unlogisch. Denn Firmengewinne werden vor der Ausschüttung bereits mit Körperschaftsteuer belegt. Auf die Ausschüttungen greift der Fiskus dann nochmals zu. Ein klassischer Fall einer doppelten Besteuerung.

Zur Veranschaulichung: In Österreich liegt die Körperschaftsteuer bei 25 Prozent, genauso wie die Kapitalertragssteuer. Besäße Romney hierzulande einen Firmenanteil, der einen Vorsteuergewinn von einer Mio. Euro abwirft, behielte der Staat davon 250.000 Euro Körperschaftsteuer ein. Ließe sich Romney danach den Gewinn ausschütten, langte der Fiskus nochmals mit 187.500 Euro zu. Netto blieben 562.500 Euro.

Das vermeintliche Niedrigsteuerland USA versteuert Firmengewinne höher, nämlich mit 35 Prozent, Kapitalerträge hingegen niedriger, mit 15 Prozent (in manchen Bundesstaaten weichen diese Zahlen leicht ab). Erzielt Romney mit einer US-Beteiligung also einen Gewinn von einer Mio. Euro, behält der Fiskus 350.000 Euro ein. Von den verbleibenden 650.000 Euro liefert der Republikaner 15 Prozent ab, es bleiben 552.500 Euro.

Es stimmt also, dass der US-Einkommensteuersatz niedrig ist, wenn nur die Ausschüttungen herangezogen werden. Allerdings, und das sollte der entscheidende Faktor sein: Die Gesamtbelastung inklusive Körperschaftsteuer ist in den USA zumindest auf dem Papier höher als in Österreich.

Nicht das gesamte Einkommen Romneys entsteht ausschließlich durch Unternehmensbeteiligungen. Eigentlich müsste der Multimillionär auf einen effektiven Satz von rund 20 Prozent kommen. Der Wert von 13,9 Prozent ergibt sich durch die Absetzbarkeit von Spenden. In den vergangenen zwei Jahren spendete Romney rund sieben Mio. Dollar. Auch in Österreich sind Spenden absetzbar – allerdings in geringerem Ausmaß.

Ein echtes Problem für den US-Fiskus stellt die Tatsache dar, dass viele Firmen die Körperschaftsteuer nicht zur Gänze abliefern. Sie verlagern einen Teil ihrer Gewinne auf Karibikinseln. Die Steuerbehörde IRS veröffentlichte 2009 eine Liste mit Firmen, bei denen dies der Fall ist. Romneys Bain & Company fand sich nicht darunter.

„Ungerechtigkeiten“ sind lösbar

Viele „Ungerechtigkeiten“ im US-Steuersystem wären durchaus zu lösen. Experten fordern regelmäßig eine Senkung der Körperschaftsteuer (was Firmen veranlassen würde, ihre Gewinne in den USA zu verbuchen) und im Gegenzug eine Erhöhung der Kapitalertragssteuer. Dass es in absehbarer Zeit dazu kommt, ist auszuschließen. Demokraten lehnen den ersten Teil dieses Vorschlags ab, Republikaner den zweiten.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 26.01.2012)

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