Russlands Außenminister Sergej Lawrow bezeichnete das Treffen mit Syriens Präsident Baschar al-Assad als "sehr nützlich". Zugeständnisse erreichte er freilich keine.
Kairo/Damaskus. Der Staatsjubel funktioniert noch. „Danke Russland, danke China“, stand auf den Transparenten, mit denen tausende Regimeanhänger den Gast aus Moskau bei seiner Fahrt zum Präsidentenpalast in Damaskus begrüßten. Begleitet von weltweiter Empörung über Russlands Veto im UN-Sicherheitsrat war Außenminister Sergej Lawrow am Dienstag nach Syrien gereist, um mit Präsident Bashar al-Assad „eine politische Lösung“ zu suchen.
Zur gleichen Zeit ging dessen Armee in der nördlichen Region um Idlib sowie den Vororten von Damaskus mit aller Härte vor. Auch ließ das Regime die Protesthochburg Homs erneut bombardieren: "Wir haben 47 Getötete gezählt seit Mitternacht", sagte der Aktivist Mohammad Hassan der Nachrichtenagentur Reuters am Mittwoch. Zuvor war bekannt geworden, dass ein freier Mitarbeiter der Nachrichtenagentur Agence France-Presse (AFP) in Homs getötet worden war.
Treffen „sehr nützlich“
Indes erklärte Lawrow Assad sei „absolut entschlossen, das Blutvergießen zu beenden“. Sein Treffen mit dem Präsidenten bezeichnete er zudem als „sehr nützlich“. Weitere Zugeständnisse des syrischen Machthabers konnte er allerdings nicht vermelden, obwohl der Kreml vor seiner Abreise lanciert hatte, Lawrow wolle Assad zum Rücktritt bewegen sowie eine stufenweise Übergabe der Macht verhandeln. Der syrische Diktator dagegen erklärte sich lediglich bereit, einen konkreten Zeitplan für ein Verfassungsreferendum festzulegen.
Anfang Jänner hatte Assad bei seiner öffentlichen Rede den März als Termin genannt. Mitte Jänner kündigte sein Außenminister an, das Volk solle „in einer Woche oder etwas später“ über die neue Verfassung abstimmen. Vergangenen Samstag nannte der syrische UN-Botschafter dann im Sicherheitsrat den Februar als Termin.
Wer die neue Verfassung erarbeitet, ist unklar. Angeblich soll sie ein Mehrparteiensystem einführen und die Amtszeit des Präsidenten auf maximal acht Jahre begrenzen.
Homs weiter im Raketenhagel
Derweil forderte das heftige Bombardement in Homs auch am Dienstag wieder Dutzende Menschenleben. Tags zuvor waren mehr als 70 Menschen im Granatenhagel gestorben, am Wochenende über 260. Augenzeugen berichteten, niemand traue sich mehr auf die Straße, überall lauerten Scharfschützen. „Der Beschuss geht rund um die Uhr, alle paar Minuten gibt es eine Explosion“, berichteten Bewohner gegenüber dem TV-Sender al-Jazeera. „Es ist unfassbar – es gibt keine Bunker, nirgends kann man Deckung suchen.“
Ein Video aus einem provisorischen Behandlungsraum zeigt Tote und Verletzte mit schrecklichen Wunden. Auf anderen Bildern sind blutverschmierte Bürgersteige, brennende Häuser und Rauchwolken von Granateneinschlägen zu sehen. Strom- und Wasserversorgung sowie das Telefonnetz sind unterbrochen, es gibt kaum noch etwas zu essen. „Wir wissen nicht mehr ein noch aus, wir warten nur noch darauf zu sterben“, klagte einer der Bewohner.
Nach den USA und Großbritannien gaben am Dienstag auch Belgien, Italien und Frankreich bekannt, ihre Botschafter aus Damaskus abzuziehen. Die Golfstaaten beschlossen, alle syrischen Botschafter auszuweisen und ihre diplomatischen Vertretungen in Syrien zu schließen.
Der türkische Ministerpräsident Recep Tayyip Erdoğan schlug vor, nach dem „Fiasko für die zivilisierte Welt“ im UN-Weltsicherheitsrat mit gleich gesinnten Nationen eine neue diplomatische Initiative zu starten, die „bei dem syrischen Volk steht und nicht bei dem Regime“.
Auf einen Blick
Russlands Außenminister Sergej Lawrow traf am Dienstag in Damaskus mit Syriens Diktator Bashar al-Assad zusammen. Moskau hat am Samstag eine Syrien-kritische UN-Resolution verhindert.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 08.02.2012)