US-Wahl: "Schickt Obama nach Chicago!"

(c) AP (J. Scott Applewhite)
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Die Abwahl des amtierenden Präsidenten war oberste Prämisse bei einer Tagung republikanischer Aktivisten. Die Präsidentschaftskandidaten kämpften ums Herz der Partei.

Washington. Auf einer Anhöhe gelegen wirkt das Wardman-Marriott-Hotel in Washington von außen wie eine Trutzburg – oder andersrum: wie Ronald Reagans „Shining City on a Hill“. Es ist alljährlich der Treffpunkt der „Conservative Political Action Conference“ (CPAC): Forum für Politiker und Proponenten aus allen republikanischen Ecken, von Obskuranten der Tea Party bis zu den intellektuellen Thinktanks – und selbstverständlich für die Präsidentschaftskandidaten der Partei.

Mit einer Reagan-Maske trägt einer die konservative Galionsfigur zur Schau, in der Lobby verteilen Anhänger Rick Santorums blaue Aufkleber. Die Frage, ob Reagan heute in der Grand Old Party mehrheitsfähig wäre, schieben die Aktivisten wie ein Sakrileg beiseite.

Sie bereiteten ihrem neuen Helden und seiner siebenköpfigen Familie einen triumphalen Empfang. Rick Santorum kämpfte um Herz und Seele seiner Partei und attackierte Mitt Romney. Gegen ein Obama-Amerika auf dem Irrweg entwarf er eine konservative Vision. Je schriller und greller die Attacken gegen den Amtsinhaber, desto größer die Ovationen.

Seit mehr als 1000 Tagen halte Obama das Weiße Haus besetzt – „Occupy DC“ nennt Tony Perkins das. „Wir wollen unser Land, wir wollen unsere Macht zurück“, lautet die Parole – von Nachwuchshoffnung Marco Rubio bis zu den Exkandidaten Michele Bachmann, Rick Perry und Herman Cain. Perry greift die Football-Metapher aus dem Werbespot Clint Eastwoods auf: „Wenn wir mit Obama als Quarterback in die zweite Hälfte gehen, wird mir angst und bange ums Resultat.“ Cain empfiehlt die Wahl von „Joe, the Plumber“, der in Ohio für einen Kongresssitz kandidiert. Im Wahlkampf 2008 avancierte der Installateur Joe Wurzelbacher zur Ikone, weil er Obama zur Rede gestellt hatte.

Romney als Mister Spock

„Schickt Obama zurück nach Chicago.“ Ausgehend von diesem Wahlspruch auf der CPAC-Tagung malte sich John Boehner eine Nation ohne Obama im September 2014 aus. Wer ihn verdrängen sollte, darüber herrscht nach der Vorwahlsensation Santorums allerdings größere Verwirrung denn je: der pragmatische Business-Mann Mitt Romney? Der hochtrabende „Mondpräsident“ Newt Gingrich? Der bodenständige Erzkonservative Santorum? Der Radikal-Libertäre Ron Paul, der als Einziger der Kandidaten schon nach Maine weitergezogen ist, der nächsten Station? Oder vielleicht doch ein Überraschungskandidat, den das Establishment ins Rennen schicken oder in letzter Minute auf dem Parteitag in Tampa aus dem Hut zaubern könnte? Der renommierte Blogger Erick Erickson hatte eine schlechte Nachricht für seine Gesinnungsfreunde: „Wir werden verlieren.“

Während Santorum erstmals in größerem Stil Wahlspenden sammelte, suchte Romney bei der CPAC-Konferenz den Rat von Parteihonoratioren. Er bemühte sich nach Kräften, seine Kritiker zu überzeugen und seine konservativen Wurzeln zu betonen. 2008 verkündete er hier das Ende seiner Präsidentschaftsambitionen, jetzt versucht er ein Comeback. Als „lauwarme Version Obamas“ hatte ihn Ex-Kontrahent Perry bezeichnet. Den Publizisten Jonah Goldberg erinnert Romney an eine Kultfigur aus der Serie „Raumschiff Enterprise“. „Er ist wie Spock beim Vorlesen von Liebesbriefen.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 11.02.2012)

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