Wien rückt in den Mittelpunkt der Syrien-Krise

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Die Außenminister Frankreichs und Russland sowie UN-Chef Ban Ki-moon trafen in Österreich ein. Sie alle haben vor allem ein Thema, Syrien. Schreckensmeldungen aus dem nahöstlichen Land rissen gestern nicht ab.

Wien/Red./Ag. Es ist eine Afghanistan-Konferenz, die Sergej Lawrow und Alain Juppé, die Außenminister Russlands und Frankreichs, am späten Mittwochnachmittag nach Wien lockte. Doch alles drehte sich nur um ein Thema: das Drama in Syrien. Schon vor seiner Landung in Österreich gab Lawrow den grimmig-obstinaten Takt vor, den man von ihm mittlerweile kennt.

Russland werde im UN-Sicherheitsrat weiterhin keiner Resolution zustimmen, die einen Regimewechsel in Damaskus legitimiere, sagte er bei seinem ersten Zwischenstopp des Tages in den Niederlanden.

Fast gleichzeitig schlug Alain Juppé, einer von Lawrows Gegenspielern im höchsten Gremium der UNO, ganz andere Töne an. Frankreich werde einen neuen Anlauf für eine Resolution starten. In Syrien müssten Schutzzonen errichtet werden, damit Hilfsorganisationen Zugang zu den Zivilisten in den umkämpften Gebieten erhalten, sagte der französische Chefdiplomat dem Radiosender France Info.

In Wien werden Juppé und Lawrow wohl die Gelegenheit zu einem Gedankenaustausch haben. Weder die französische noch die russische Botschaft wollten jedoch zunächst auf Anfrage der „Presse“ bestätigen, dass ein Treffen fixiert sei. Auch UN-Generalsekretär Ban Ki-moon traf bereits in Wien ein. Er plant etliche bilaterale Meetings. Heute, Donnerstag, wird jedenfalls Wien in den Mittelpunkt der Syrien-Krise rücken.

Razzia in Damaskus

Österreichs Außenminister, Michael Spindelegger, kam am Mittwochabend zu einer ersten Unterredung mit seinem russischen Amtskollegen Lawrow zusammen. Schon vor der Begegnung stellte der Vizekanzler seinen Standpunkt klar. Im Interview mit der „Presse“ unterstützte er den Vorstoß der Arabischen Liga, Friedenstruppen nach Syrien zu schicken. Und er übte unverblümte Kritik an der Blockadehaltung Russlands und Chinas im UN-Sicherheitsrat. Deren Veto habe das syrische Regime offenbar ermutigt, mit noch größerer Brutalität gegen die Opposition vorzugehen. Die Nato schloss inzwischen eine Intervention aus.

Die Schreckensmeldungen aus dem nahöstlichen Land rissen gestern nicht ab. In Damaskus ging die Armee Augenzeugenberichten zufolge mit äußerster Härte gegen Regimegegner vor. Mindestens 1000 Elitesoldaten hätten den Bezirk Barseh abgeriegelt, um Razzien und Festnahmen durchzuführen. Auch in den Hochburgen der Rebellen setzte sich die Gewalt fort. In Homs ging eine Gaspipeline in die Luft; das Viertel Baba Amro, das seit zwölf Tagen bombardiert wird, war in schwarze Rauchwolken gehüllt. In der Stadt Hama nahm die syrische Armee mit gepanzerten Fahrzeugen Wohngegenden unter Beschuss. Zwölf Tote wurden allein bis Mittag gezählt.

Assad setzt Referendum an

Syriens Präsident Assad ging einstweilen auch politisch mit einer symbolischen Geste in die Offensive. Er setzte für den 26. Februar ein Referendum über eine neue Verfassung an. Wie und ob die Abstimmung angesichts der Gefechte stattfinden kann, ist unklar.

Im neuen Grundgesetz gibt Assad das Monopol seiner Baath-Partei auf. Nach Angaben des syrischen Staatsfernsehens sollen innerhalb von 90 Tagen nach Billigung der Verfassung Parlamentswahlen stattfinden.

Anlass für den diplomatischen Rummel in Wien ist eine Konferenz des Paris-Pakts, der sich dem Kampf gegen den afghanischen Drogenhandel verschrieben hat. 56 Staaten und 14 internationale Organisationen haben diesen Pakt geschlossen. Zahlreiche Minister werden in Wien erwartet. Der Iran entsendet Innenminister Mostafa Mohammad Najjar.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.02.2012)

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