Nach den Streitigkeiten um die Nominierung von Joachim Gauck zum Bundespräsidenten, sind CSU und FDP um Einigkeit bemüht. Die Grünen vermissen indes die "Empathie für die soziale Bewegung".
Spitzenvertreter von CSU und FDP haben zum Beginn des politischen "Aschermittwoch" in Deutschland versucht, die Wogen nach dem Koalitionskrach um den designierten Bundespräsidenten Joachim Gauck zu glätten. "Wir haben ja mit der Kandidatur von Herrn Gauck überhaupt keine Probleme, im Gegenteil, wir unterstützen das", sagte CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt am Mittwoch im ZFD-"Morgenmagazin". Sein Kollege Patrick Döring von der FDP sagte: "Ich würde die Benennung um unser höchstes Amt im Staate nicht als Machtpoker bezeichnen."
"Es gibt durchaus Fragen darüber, wie sich das Verfahren gestaltet hat, aber in der Sache, in der Person, da stehen wir hinter Gauck", sagte Dobrindt. "Ich glaube, dass er ein guter Bundespräsident für Deutschland ist." Döring bekräftigte: "Wir haben am Ende festgestellt, dass Joachim Gauck uns mit seiner Freiheitsbotschaft am nächsten steht und das auch der Bundeskanzlerin ganz partnerschaftlich mitgeteilt."
Innerhalb der schwarz-gelben Koalition hatte es am Sonntag heftigen Streit um die Konsenskandidatur für die Nachfolge des zurückgetretenen Bundespräsidenten Christian Wulff gegeben.
"Wir geben keine Ratschläge"
Empfehlungen aus den Reihen der CSU, Gauck möge doch jetzt seine Lebensgefährtin heiraten, wies Dobrindt entschieden zurück. "Ob jemand und wie jemand verheiratet ist, und wann er heiratet, das ist eine ganze private Entscheidung. Diese Lebensverhältnisse müssen diejenigen Leute besprechen, die es angeht, sonst niemand, da geben wir überhaupt keine Ratschläge." Gauck ist seit zwölf Jahren mit seiner Lebensgefährtin, der Journalistin Daniela Schadt, liiert, von seiner Frau aber nicht geschieden. CSU-Familienpolitiker Norbert Geis hatte am Dienstag gefordert, Gauck solle seine "persönlichen Lebensverhältnisse" ordnen.
Die Spitzen von CDU/CSU, FDP, SPD und Grünen erwarten ein geschlossenes Abstimmungsverhalten in der Bundesversammlung, doch in der linken Öffentlichkeit, an der grünen Basis und unter Migranten regt sich Kritik. Grünen-Politiker Hans-Christian Ströbele bedauerte, dass Gauck "die Empathie für die soziale Bewegung fehlt".
"Der falsche Präsident für diese Zeit"
Evangelische Kirchenkollegen des Ex-Pastors wie der Theologe und ehemalige DDR-Bürgerrechtler Friedrich Schorlemmer sehen Gauck kritisch: "Er singt ein Loblied auf die Freiheit. Ich vermisse das Loblied auf die Gerechtigkeit", sagte Schorlemmer.
Mit seinen Äußerungen über Thilo Sarrazins umstrittenes Buch habe er "Irritationen ausgelöst", räumt Kenan Kolat von der Türkischen Gemeinde in Deutschland ein. Detlev von Larcher vom attac-Koordinierungskreis befürchtet, "dass Gaucks Freiheitsbegriff auch die Freiheit der Finanzmärkte meint, die uns ins Desaster geführt hat". Damit wäre er "der falsche Präsident für diese Zeit."
(Ag.)