Chávez muss wieder unters Messer

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Beim venezolanischen Präsidenten wurde erneut ein Krebsgeschwür festgestellt. Dieses liege an derselben Stelle wie jenes bösartige Geschwür, das ihm vergangenen Juni entfernt worden ist. Er wird in Havanna operiert.

Caracas. Es war nicht länger zu verheimlichen. Nachdem das ganze Faschingswochenende im Internet über die Gründe der jähen Sendepause des zuletzt wieder omnipräsenten venezolanischen Präsidenten spekuliert wurde, war es schließlich Hugo Chávez selbst, der am Nachmittag des Faschingsdienstags Klarheit schuf: Er muss wieder unters Messer. Anlässlich der Einweihung einer Fabrik in seinem Heimatstaat Barinas sagte der „Comandante“, einen roten Bauarbeiterhelm auf dem Kopf, dass seine kubanischen Ärzte eine neue „Verletzung“ diagnostiziert hätten.

Diese liege an derselben Stelle wie jenes bösartige Geschwür, das ihm vergangenen Juni entfernt worden ist. Der Präsident vermied dabei auffallend das Wort „Tumor“, aber er gab an, dass die „Verletzung“ einen Durchmesser von zwei Zentimetern habe.

Am Mittwochmorgen legte Chávez in zwei Anrufen im venezolanischen Frühstücksfernsehen weitere Details nach: Die Operation werde spätestens am Wochenende vollzogen, in Havanna, wo er bereits im Juni zweimal operiert wurde. „Dort gibt es mehr Sicherheit für die Art von Operation. Es werden dieselben Ärzte und dieselbe Ausrüstung sein. Das ist das Beste für alle.“ Seit dem gescheiterten Putsch gegen ihn vor zehn Jahren verlässt sich der misstrauische Chávez auf Mediziner und Leibwächter aus Kuba.

Zu dem Spezialistenteam, das ihn betreut, sollen drei kubanische, zwei spanische und ein venezolanischer Arzt gehören, meldete der Journalist Nelson Bocaranda, der am Sonntag die Gerüchtewelle ausgelöst hatte. Der Kolumnist der Chávez-kritischen Tageszeitung „El Universal“ hatte auch im Juni 2011 als Erster die Krebsdiagnose publiziert, was Chávez dazu zwang, selbst mit dem Thema in die Öffentlichkeit zu gehen.

Ein „ungeduldiger Patient“

Gestützt auf seine kubanischen Quellen, die sich schon im Juni als wertvoll erwiesen haben, berichtet Bocaranda, dass sich der „paciente impaciente“, der ungeduldige Patient, gegen den Rat der Ärzte und seines Mentors Fidel Castro mit voller Wucht in den Wahlkampf gegen den 39-jährigen Herausforderer Enrique Capriles Radonski geworfen habe. Um mit seinem frisch und jugendlich auftretenden Gegner konkurrieren zu können, habe Chávez Steroide eingenommen, die der Genesung alles andere als zuträglich sind.

Vor wenigen Tagen hat die brasilianische Zeitung „Globo“ gemeldet, dass Chávez Metastasen in der Leber habe – das gehe aus Unterlagen hervor, die brasilianische Konsulenten vorgelegt bekamen.

All diese Berichte dementierte Chávez rundweg, wobei er besonderen Wert darauf legte, dass es sich bei dem neuen Gewächs nicht um Metastasen handle. Wie er das weiß, noch ehe der Befund vorliegt, erklärte er jedoch nicht.

Wochenlange Auszeit

Weil aber damit zu rechnen sei, dass die Wucherung bösartig ist, müsse sich Venezuela auf Wochen ohne ihn einstellen. „Ich werde nicht in dem Rhythmus von Dezember, Jänner, Februar weitermachen können“, sagte Chávez am Mittwoch. Und er fragte: „Wer behauptet denn, dass von der Agenda des Hugo Chávez die ganze Revolution abhängt?“

Davon waren bisher Freunde und Feinde des bolivarischen Reformprozesses ausgegangen.

Auf einen Blick

Indiskretionen zufolge soll Chávez Steroide genommen haben, um im laufenden Wahlkampf gegen seinen jüngeren Herausforderer Enrique Capriles Radonski bestehen zu können. Nun wird darüber spekuliert, ob die Dopingmittel die Rückkehr der Krankheit verursacht haben.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 23.02.2012)

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