Romney: Der Kandidat, den keiner liebt

(c) REUTERS (BRIAN SNYDER)
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Am „Super Tuesday“ bestätigte der republikanische Präsidentschaftsbewerber Mitt Romney zwar seinen Favoritenstatus. Zugleich offenbarten sich aber seine Schwächen bei konservativen Stammwählern.

Washington. Der Präsident setzte ein breites Grinsen auf, als bei seiner Pressekonferenz die Rede auf seinen gefährlichsten Widersacher kam. „Ich wünsche ihm viel Glück“, sagte Barack Obama über Mitt Romney. „Wirklich.“ Huschte da ein Anflug von Mitleid über den grausam zähen Wahlkampf der Republikaner über sein Gesicht, oder schimmerte bloß Vorfreude auf das Duell im Herbst durch?

Glück und Zuspruch kann der von allen Seiten zerzauste Favorit der Republikanischen Partei gut gebrauchen. „Er wird mit jeder Woche schwächer statt stärker“, konstatierte der konservative Kolumnist Charles Krauthammer auf Fox News. Mike Murphy, ein ehemaliger Wahlkampfmanager Romneys, diagnostizierte einen Stellungskrieg wie im Ersten Weltkrieg gegen die Hauptkonkurrenten Rick Santorum und Newt Gingrich. Die Romney-Anhänger John McCain und Barbara Bush sprachen vom schlimmsten und hässlichsten Wahlkampf – und der Ex-Präsidentschaftskandidat und die ehemalige First Lady haben bereits einige Wahlschlachten durchlitten.

Mittlerweile fürchten die Strategen in der Grand Old Party, dass ihr Kandidat bis zur Präsidentschaftswahl vom Stakkato der internen Attacken so angeschlagen sein wird, dass Barack Obama leichtes Spiel mit ihm haben wird. Denn anders als Obama, der vor vier Jahren in einem harten, monatelang hin- und herwogenden Wahlkampf Hillary Clinton niedergerungen hat, wird der wahrscheinliche Kandidat Romney nicht gestählt und als strahlender Sieger aus der Kampagne hervorgehen, sondern als letzter Überlebender mit tiefen Blessuren.

Bei den vermeintlich vorentscheidenden Vorwahlen am „Super Tuesday“, die von den Aleuten-Inseln vor Alaska bis zur alten Walfängerinsel Nantucket vor der Atlantikküste im Osten die ganze Breite der Nation umspannten, trug der frühere Gouverneur nur in seinem Heimatstaat Massachusetts einen Triumph davon. „Hier kennt man uns“, jubelte Romneys Frau Ann erleichtert.

Zitterpartie in Ohio

In Idaho verhalf eine starke mormonische Minderheit Romney zu einem ähnlich souveränen Sieg, doch in Virginia erzielte sein einziger Gegenkandidat Ron Paul stattliche 40 Prozent – Santorum und Gingrich hatten es im Commonwealth-Staat, der die Hauptstadt Washington umschließt, in der beide Bewerber ihren Wohnsitz haben, nicht geschafft, sich zu qualifizieren. Und in Ohio, dem wichtigen „Swing State“ im von Industriearbeitern dominierten „Rostgürtel“, hat es am Ende gerade zu einem Zittersieg gegen Santorum gereicht, obwohl Romney ein Vielfaches an Werbeaufwand betrieben hatte.

Insgesamt behielt der einstige Chef der Investmentfirma Bain Capital in sechs von zehn Bundesstaaten die Oberhand, er sammelte Delegiertenstimmen für den Nominierungsparteitag Ende August, doch es erwies sich erneut, dass er bei den konservativen Stammwählern gegen eine Wand stößt. Wie Umfragen zeigen, „klickt“ der Kandidat des republikanischen Establishments weder bei Evangelikalen noch bei Frauen noch bei Arbeitern – den sogenannten „Reagan-Demokraten“. Überdies prallt er in den Südstaaten und bei Latinos auf unüberwindlichen Widerstand.

„Flip-Flopper“

Die republikanische Basis empfindet Romney als hölzern, als „unecht“, als „Flip-Flopper“ – als unsicheren Kantonisten bei ideologischen Reizthemen und bei „Obamacare“, der verhassten Gesundheitsreform. Ursprünglich richtete Romney seine Kampagne ganz auf die Wirtschaft und seine Managerqualitäten aus. Bei den kommenden Vorwahlen im Süden und Mittleren Westen ist er gegenüber seinen Gegnern im Nachteil. Unverdrossen gab Romney in der Wahlnacht die Devise aus: „Morgen fangen wir von vorn an. Immer aufs Neue. Es wird gute Zeiten geben und schlechte Zeiten.“

Auf einen Blick

Super Tuesday. An einem einzigen Tag, wenn bis zu zwei Dutzend Bundesstaaten abstimmten, entschied sich einst oft der Vorwahlkampf in den USA. Bei den Republikanern stand John McCain 2008 als Sieger fest. Eine Regeländerung, die in vielen Staaten die Anteile gleichmäßig verteilt, zieht das Rennen heuer in die Länge.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 08.03.2012)

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