Obama inszeniert sich in Werbevideo als Osama-Killer

(c) REUTERS (JONATHAN ERNST)
  • Drucken

Die Republikaner attackieren den US-Präsidenten als Linksradikalen. Doch Obama brüstet sich im Hollywood-Stil mit Bin Ladens Tötung.

Washington. Wie Rumpelstilzchen hüpfte Andrew Breitbart mit rotem Kopf und aufgeplusterten Backen auf der Bühne herum. Demnächst, verkündete der konservative Blogger und Aufdecker mit Sensationslust bei einer Konferenz der Republikaner in Washington, werde ein Video das wahre Gesicht Barack Obamas enthüllen. Als das Video vier Wochen später auf Fox News, dem konservativen Haussender der republikanischen Partei, Premiere hatte, war Breitbart schon tot. Der 43-Jährige war in der Vorwoche einem Herzinfarkt erlegen.

Die körnigen Aufnahmen eines Bostoner Lokalsenders zeigen Barack Obama 1990 als Studentenführer und Präsidenten der renommierten Zeitschrift „Harvard Law Review“, der seine Kommilitonen zu einer Solidaritätsaktion mit dem schwarzen Jusprofessor Derrick Bell aufruft. Bell trat in einen Streik, weil Harvard einer afroamerikanischen Dozentin die Professur verweigert hatte. Über die akademische Welt hinaus hat sich Bell mit kontroversen Thesen zur Bürgerrechtsbewegung einen Namen gemacht.

Jubel auf Fox News

Endlich, so jubelte Fox-News-Moderator Sean Hannity, habe man den handfesten Beweis, der den Präsidenten als Linksradikalen entlarvt. Newt Gingrich, Sarah Palin und andere hatten alles darangesetzt, Obama in die Nähe von „Kommunisten“ und „Staatsfeinden“ zu rücken oder als Anhänger des früheren Chicagoer Gewerkschaftsaktivisten Saul Alinsky zu porträtieren. Vergeblich versuchten sie, ihm aus seiner Bekanntschaft mit dem schwarzen Prediger Jeremiah Wright oder dem ehemaligen Studentenführer Bill Ayers, der als Vietnam-Kriegs-Gegner im Untergrund zum Terroristen mutierte, einen Strick zu drehen. Die republikanische Basis ist längst durchdrungen von der Botschaft über die „unamerikanischen Umtriebe“ des Präsidenten, die große Mehrheit hält dies allerdings nur für billige Polemik.

Genau auf diese Mehrheit zielt ein neues, 17-minütiges Video aus Obamas Wahlkampfzentrale in Chicago, das die Handschrift Hollywoods trägt und die dreijährige Amtszeit des Präsidenten Revue passieren lässt. Mit sonorer Stimme erzählt Tom Hanks vom desolaten Zustand des Landes zu Amtsantritt, von den Fährnissen in der Finanzkrise, von der Rettung der Autoindustrie und der Jahrhundertreform des Gesundheitswesens. Ohne die Hilfe Washingtons für Detroits Autobranche wären die Fließbänder stillgestanden, der halbe Mittlere Westen wäre untergegangen, lautet der Tenor.

Einsame Entscheidung

In dramatischem Ton, in einer thrillerhaften Sequenz leuchtet der Film jedoch insbesondere den Befehl des Präsidenten zur Tötung Osama bin Ladens aus. Regisseur Davis Guggenheim – Oscar-prämiert für den Dokumentarfilm „Eine unbequeme Wahrheit“ mit Ex-Vizepräsident Al Gore in der Hauptrolle – fängt die bangen Szenen im „situation room“ des Weißen Hauses ein, als das Krisenkabinett gebannt den Einsatz des Navy-Seals-Kommandos verfolgt. Vizepräsident Joe Biden stellt den Befehl als einsame Entscheidung Obamas dar – und das Bild des Präsidenten, allein vor dem Fenster, gleichermaßen mit dem Gewicht der Welt auf seinen Schultern, korrespondiert damit.

Das ist großes Kino, das den Präsidenten als Hollywoodhelden inszeniert – ab der kommenden Woche überall auf den TV-Schirmen und Internetmonitoren der Nation. Und mit etwas Glück kommt vor der Wahl im November sogar noch die tatsächliche Hollywoodversion des Osama-Sonderkommandos in der Regie von Kathryn Bigelow in die Kinos.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.03.2012)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.