Slowakei: Erdrutschsieg für Ex-Premier Fico

Slowakei Erdrutschsieg fuer ExPremier
Slowakei Erdrutschsieg fuer ExPremier(c) AP (Petr David Josek)
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Die proeuropäische Smer-Partei erobert die absolute Mehrheit. Die Regierungspartei wird abgestraft, sie schrumpft auf 5,5 Prozent zusammen.

Die Parlamentswahl in der Slowakei bringt einen historischen Sieg der linksgerichteten, proeuropäischen Oppositionspartei Smer (Richtung). Der Wahlausgang in dem Euro-Land dürfte zu Aufatmen in der Währungsunion führen, nachdem ein Streit über die Euro-Rettung zum Aus für die bisherige Mitte-Rechts-Koalition geführt hatte. Die Smer-Partei von Ex-Regierungschef Robert Fico gilt dagegen als klare Befürworterin der Gemeinschaftswährung.

Fico sagte am Sonntag, er werde als neuer Regierungschef Maßnahmen einleiten, die das Land auf Sparkurs halten und die Euro-Zone stärken: "Die Europäische Union kann sich auf die Smer verlassen, weil wir realisieren, dass die Slowakei in Europa lebt und leben will und die Eurozone beibehalten will". Den Wählern versprochen hat die Smer vor allem eine Stärkung des Sozialstaats sowie eine Senkung des Haushaltsdefizits.

Nach Auszählung von 99,98 Prozent der Wahlbezirke kam Smer bei der Wahl am Samstag auf 44,4 Prozent der Stimmen. Damit würde die Partei 83 der 150 Sitze im Parlament erhalten. Durch die Wahlarithmetik fehlen Smer nur sieben Mandate zur Verfassungsmehrheit. Das ist seit Beginn der slowakischen Unabhängigkeit vor 19 Jahren das stärkste Ergebnis einer einzelnen Partei in dem 5,4 Millionen Einwohner zählenden Land.

Regierungspartei wird abgestraft

Eine dramatische Niederlage erlitt die konservative langjährige Regierungspartei SDKU mit ihrem Spitzenkandidaten Mikulas Dzurinda. Ihr Stimmenanteil brach auf sechs Prozent ein, das ist nur noch ein Drittel des Resultats der vorangegangenen Wahl im Jahr 2010. Doch damit schafft die von Korruptionsvorwürfen erschütterte SDKU immerhin den Sprung über die Fünf-Prozent-Marke, der ihr den Einzug ins Parlament ermöglicht. Zweistärkste Kraft wurden die konservativen Christdemokraten, die 8,8 Prozent erzielten. Drittstärkste Kraft wurde die Protestpartei "Gewöhnliche Menschen" (OLaNO), die auf 8,6 Prozent kam. Ebenfalls im Parlament vertreten sein wird die ungarisch-slowakische Partei Most-Hid, die 6,9 Prozent erzielte.

Die von der SDKU geführte Koalition unter Ministerpräsidentin Iveta Radicova war im Oktober an einem Streit über die Ausweitung des Rettungsfonds EFSF zur Unterstützung hoch verschuldeter Euro-Staaten wie Griechenland zerbrochen. Einer von Radicovas Koalitionspartnern, die rechtsliberale Partei SaS (die 5,9 Prozent der Stimmen erhielt), hatte die Milliardenhilfen abgelehnt. Als Konsequenz wurden die Neuwahlen angesetzt. Radicova führt seitdem die Regierung kommissarisch.

Faymann: "Impuls für sozialeres Europa"

Bundeskanzler Werner Faymann sieht in dem Wahlerfolg der Smer "einen weiteren Impuls für ein sozialeres Europa", betonte de SPÖ-Vorsitzende laut Aussendung. Er verwies darauf, dass Fico ebenfalls Unterstützer der Finanztransaktionssteuer sei. "Der Wahlsieg von Smer ist nicht nur für die Slowakei, sondern für ganz Europa ein hervorragendes Ereignis", sagte der Vorsitzende der sozialdemokratischen Fraktion (S&D) im Europaparlament, Hannes Swoboda. "Robert Fico hat bewiesen, dass man mit einer pro-europäischen Haltung gewinnen kann, wenn sie mit klaren sozialen Aussagen verbunden ist."

Zweitärmstes Land der Euro-Zone

Fico, der bereits von 2006 bis 2010 Ministerpräsident der Slowakei war, will den Sozialstaat stärken und Steuern für Reiche und Unternehmen erhöhen. "Wir sind gegen Privatisierungen, wir sind für einen besseren rechtlichen Schutz der Arbeitnehmer, wir sind für hohe öffentliche Investitionen", sagte er nach der Wahl. "Das ist unser Programm, und wir werden uns anstrengen, es zu erfüllen." Im Wahlkampf wandte Fico sich vor allem an die ärmeren und älteren Bürger sowie die Bevölkerung auf dem Land. In dem zweitärmsten Staat der Euro-Zone ist der Mindestlohn mit 327 Euro nur halb so hoch wie im Krisenstaat Griechenland. Zudem macht den Menschen die hohe Arbeitslosigkeit zu schaffen, die bei 13,7 Prozent liegt.

Wahl im Zeichen der "Gorilla-Affäre"

Experten zufolge könnte die Slowakei gegen die Haushaltsvorgaben des EU-Stabilitätspakts verstoßen, wenn Fico zur Erfüllung seiner Wahlversprechen die Staatsausgaben in die Höhe schraubt. Dann droht dem Land eine Herabstufung der Kreditwürdigkeit durch Ratingagenturen. Allerdings hält es die EU-Kommission für möglich, dass die slowakische Wirtschaft auch dank starker Exporte so kräftig wie keine andere in der Euro-Zone wachsen könnte.

Die Wahl stand im Zeichen der sogenannten "Gorilla-Affäre". Im Dezember gelangten Geheimdokumente mit dem Code-Namen "Gorilla" an die Öffentlichkeit, die Verwicklungen zwischen Spitzenpolitikern und Geschäftsleuten belegen. Der Fall schlug so hohe Wellen, dass im vergangenen Monat Zehntausende verärgerte Slowaken auf die Straßen zogen. Viele vermuten, dass das ganze Ausmaß der Korruption noch nicht bekannt ist. Das hat zu einer großen Politikverdrossenheit geführt.

(APA)

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