US-Wahlkampf: Königsmacher oder Spielverderber?

(c) AP (Eric Gay)
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Rick Santorum landete bei Vorwahlen im Süden mir seinem Doppelsieg einen Coup. Das Rennen läuft auf ein Duell mit Mitt Romney hinaus. Die Schlüsselfigur ist aber Newt Gingrich.

Washington. Der Dreikampf in „Dixie“ war geschlagen, bei den Vorwahlen in den Südstaaten Alabama und Mississippi landete Rick Santorum neuerlich einen Überraschungscoup und verwies in einem Herzschlagfinale seine Rivalen Newt Gingrich und Mitt Romney auf die Ränge. In der Nacht auf Mittwoch rückte dennoch Gingrich in den Mittelpunkt. Seine Wurzeln in Georgia machen ihn zu einem „Sohn“ des Südens.

Gingrichs Südstaaten-Strategie, ein Doppelsieg im „tiefen“ Süden der USA, war nicht aufgegangen. Wird sich das republikanische Schlachtross der Clinton-Ära jetzt aus dem Rennen zurückziehen, wie viele Parteigänger von ihm fordern? Wird der 68-Jährige am Ende seiner politischen Karriere aus Parteiräson einen würdevollen Abgang hinlegen, wie ihn sich sein Kontrahent Santorum erhoffte? „Für die Konservativen ist nun die Zeit gekommen, sich zusammenzuschließen“, richtete der erzkonservative Außenseiter, der im Lauf des Vorwahl-Marathons zum lästigen Herausforderer für den Favoriten Romney avanciert ist, einen Appell zur Aufgabe an Gingrich. Für Parteistrategen hat er die Wahl, in die Rolle des Königsmachers zu schlüpfen oder in die des Spielverderbers.

Mit rhetorischem Bombast und großer Geste zerstach Gingrich indessen die Spekukationsblase, die um ihn schwebte. Entgegen allen Erwartungen sieht er sich nach wie vor als der aussichtsreichste Kandidat der Republikaner im Präsidentschaftswahlkampf. Als Debattenredner könne nur er es mit Barack Obama im Herbst aufnehmen. Mit seiner Parole von einem Benzinpreis von 2,50 Dollar pro Gallone (3,8 Liter) haute er auf die populistische Pauke. Ein durchschnittlicher Benzinpreis von 3,80 Dollar ließ in einer Umfrage die Zustimmungsrate des Präsidenten purzeln. „Solange noch Geld auf dem Konto und Benzin im Tank ist, wird er weitermachen“, glaubt Ralph Reed, ein Führer des evangelikalen Flügels.

Showdown in Tampa

Der Stratege Gingrich spekuliert mit einem Showdown beim Parteikonvent in Tampa Ende August. Keiner der vier Kandidaten werde bis zum Vorwahlfinale Ende Juni im Utah die nötige Mehrheit von 1144 Delegiertenstimmen beisammen haben, lautet das Szenario, das von Mal zu Mal wahrscheinlicher wird. Romney sammelt zwar emsig Delegierte – unter anderem sehr erfolgreich im Pazifik, in Guam und auf Hawaii. Zur Halbzeit der Primaries und Urabstimmungen hat er mehr Wahlmänner auf sich vereint als seine drei Konkurrenten zusammen. Infolge des Missmanagements einer personell wie finanziell unterversorgten Organisation schaffte es Santorum dagegen nicht, sich rechtzeitig in allen Wahlbezirken anzumelden.

Sollten alle vier Kandidaten bis zum bitteren Ende im Rennen bleiben, könnten letztlich die 150 Superdelegierten den Ausschlag geben. Im Extremfall könnten sie gar einen „weißen Ritter“ aus dem Hut zaubern, den die Partei gegen Obama in den Kampf schickt.

Obwohl Gingrich erklärtermaßen die Kandidatur Romneys verhindern will, profitiert just Romney von dem Dreikampf und der Aufsplitterung des Votums dezidiert konservativer Wähler. Unbekümmert sagte Gingrich neulich: „Ich bin wie eine Schildkröte, die anderen sind wie Kaninchen.“ Und tanzte spätnachts mit Ehefrau Callista zu Elton Johns „Rocket Man“ – passend zu seinem Handy-Rington, Abbas „Dancing Queen“.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 15.03.2012)

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