Iran und der Westen starten im April neue Atomgespräche

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Die Türkei vermittelt beim Nachbarn Iran aus handfesten Wirtschaftsinteressen. Vom Atomgipfel in Seoul flog der türkische Premier zu einem zweitägigen Besuch nach Teheran.

Istanbul/Teheran. Der türkische Premier Recep Tayyip Erdoğan hat dieser Tage reichlich Gelegenheit, sich als Staatsmann in Szene zu setzen: Vom Atomgipfel in Seoul, bei dem er ganze zwei Stunden allein mit US-Präsident Barack Obama gesprochen hatte, flog der türkische Premier zu einem zweitägigen Besuch nach Teheran. Wenn man an den Atomstreit des Westens mit dem Iran denkt, also gewissermaßen in die Höhle des Löwen.

Der iranische Außenminister Ali Akbar Salehi, der Erdoğan am Flughafen empfing, hatte gleich eine gute Nachricht für seinen Gast: Am 13. April sollen die Atomgespräche mit den fünf ständigen Mitgliedern des UN-Sicherheitsrates plus Deutschland wieder aufgenommen werden.

Der Ort steht noch nicht offiziell fest, doch Salehi schmeichelte seinem Gast mit einem eindeutigen Wunsch: „Die Türkei hat ihre Bereitschaft angekündigt, und meine persönliche Priorität ist Istanbul“, sagte Salehi. Dies hat Erdoğan sicher gern gehört, ist es doch ein Ziel von Ankaras Außenpolitik, die Türkei als das Land zu präsentieren, ohne dessen Vermittlung in der Region keine großen Fragen gelöst werden können.

Iran liefert der Türkei Öl und Gas

Auch das iranische Interesse an türkischer Vermittlung dürfte echt sein. Ein Aspekt ist dabei sicherlich, dass die Türkei als Vermittler sich leichter amerikanischen Aufforderungen zur Teilnahme an außerhalb des UN-Sicherheitsrates beschlossenen Sanktionen gegen Teheran entziehen kann. Von Sanktionen hält Erdoğan ohnehin nichts. Das Handelsvolumen zwischen der Türkei und dem Iran hat sich unter Erdoğans Regierung verelffacht. Der Iran ist mittlerweile der zehntwichtigste Abnehmer türkischer Waren. Umgekehrt ist der Iran für die Türkei mit seinem Erdgas und Erdöl nach Russland zweitwichtigster Energielieferant.

Ein Argument Ankaras gegen Sanktionen ist immer gewesen, dass die Türkei als Vermittler wichtiger wäre, und dass sie diese Rolle nicht spielen könne, wenn sie sich an Sanktionen beteilige, die nicht vom UN-Sicherheitsrat beschlossen wurden.

Das alles heißt nicht, dass das Verhältnis zwischen Teheran und Ankara so ungetrübt ist wie noch vor eineinhalb Jahren. Der Iran hat dem Nato-Mitglied Türkei dessen Unterstützung für den Raketenschild der Nato sehr verübelt.

Auch in Sachen Syrien ist man sich denkbar uneinig: Erdoğan, der früher mit Syriens Diktator Bashar al-Assad gemeinsame Kabinettssitzungen abgehalten und ihn als „Bruder“ bezeichnet hat, fordert nun mit scharfer Zunge seinen Rücktritt. Der Iran hingegen unterstützt seinen alten Verbündeten noch immer. Erdoğan hat Obama angeblich versprochen, die Iraner zu bearbeiten, damit sie Assad fallen lassen. Seine Chancen sind allerdings nicht gerade groß.

„Ich traue Assad nicht“

Einen Tag vor Erdoğans Ankunft in Teheran pries Irans Präsident Mahmoud Ahmadinejad demonstrativ Assads Kampf gegen den Aufstand: „Ich bin sehr glücklich, dass die syrischen Behörden die Situation gut meistern“, sagte Ahmadinejad, der ja selbst – siehe 2009 – Erfahrung im Niederschlagen von Protesten hat.

Der türkische Premier ist aber über die Situation in Syrien keineswegs glücklich. Er hat auch wenig Hoffnung, dass sie sich zum Besseren wendet, trotz Zustimmung Assads zum Friedensplan des Syrien-Vermittlers Kofi Annan, die Erdoğan für ein „taktisches Manöver“ hält: „Ich glaube ihm nicht, ich traue ihm nicht“, sagte er laut türkischen Medien. Erdoğan hat allen Grund dazu: Er und sein Außenminister Ahmet Davutoğlu hatten mehrmals aus Damaskus vollmundige Versprechungen mitgebracht, Assad hat sie allesamt gebrochen. Auch nach dem vorgeblichen Einlenken des syrischen Diktators ging die Gewalt gegen die Opposition am Mittwoch offenbar ungebremst weiter.

Erdoğan reiste übrigens mit einer sehr umfangreichen Delegation nach Teheran. Die Zusammensetzung lässt darauf schließen, dass es auch um bilaterale Wirtschaftsbeziehungen geht. Von Sanktionen hält er eben nichts.

Auf einen Blick

Der Atomstreit des Iran mit dem Westen geht in eine neue Verhandlungsrunde: Am 13. April soll es nach langer Unterbrechung wieder Gespräche zwischen Teheran und der Gruppe der 5 + 1 geben, also der fünf ständigen Mitglieder des UN-Sicherheitsrates (USA, Russland, China, Großbritannien, Frankreich) ergänzt um Deutschland. Ort der Gespräche könnte Istanbul sein.

Die Türkei versucht sich seit Jahren als Vermittler im Atomstreit. Vor zwei Jahren haben die türkische und die brasilianische Regierung Teheran zu einem Kompromiss bei der Uran-Anreicherung überreden können. Dieser Vorschlag hätte aber den zentralen Punkt des Atomstreits – die mangelnde Kooperation des Iran mit der Internationalen Atomenergiebehörde IAEA – nicht berührt.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 29.03.2012)

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