"Ernste Konsequenzen": "Freunde Syriens" drohen Assad

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Vertreter von 83 Staaten erkennen den oppositionellen Nationalrat als "einen Vertreter aller Syrer" an, halten aber Kanal nach Damaskus offen. Katar fordert eine arabische Friedenstruppe und eine Schutzzone für Zivilisten.

Die Schlinge um Syriens Diktator Bashar al-Assad zieht sich langsam zu. Schon allein die Masse an Teilnehmern, die Sonntag in Istanbul am Treffen der „Freunde Syriens“ teilnahmen, sollte eine eindeutige Botschaft an Assad sein, wie breit die internationale Front gegen ihn geworden ist: Vertreter von 83 Staaten und Organisationen waren gekommen, um weitere Maßnahmen gegen das Regime in Damaskus zu beschließen: Schlag auf Schlag marschierten zuerst der türkische Außenminister Ahmet Davutoğlu, dann die Delegationen der arabischen Golfstaaten und schließlich, umgeben von einer Traube von Sicherheitsbeamten, US-Außenministerin Hillary Clinton ins Istanbuler Kongresszentrum ein.

Und dort wurde nicht an markigen Worten gespart: Davutoğlu sprach von einer letzten Chance für Assad: Man werde eine Fortsetzung der Massaker und Morde nicht zulassen. Ganz ähnlich äußerte sich auch Clinton: Sollte das Regime von Bashar al-Assad nicht aufhören, Zivilisten anzugreifen, müsse es mit „ernsten Konsequenzen“ rechnen. Wie diese Konsequenzen im Detail aussähen, darüber äußerte sich Clinton nicht.

Liefert Katar bereits Waffen?

Katar, der engste Verbündete der syrischen Aufständischen, schlug noch deutlich härtere Töne an: Der Emir der Golfmonarchie verlangte, dass eine arabische Friedenstruppe nach Syrien entsandt und eine „Sicherheitszone“ für Zivilisten auf syrischem Territorium errichtet werden müsse.

Beobachter gehen davon aus, dass vor allem Katar, das auch bei der Bewaffnung der libyschen Rebellen eine große Rolle gespielt hat, bereits jetzt Waffen an die syrischen Rebellen liefert. Aus US-Kreisen in Istanbul hieß es zudem, die arabischen Golfstaaten würden den Sold für die Offiziere der „Freien Syrischen Armee“ bezahlen.

Das Treffen am Bosporus begann mit einer Stunde Verspätung, da wichtige Player noch intensiv um die Schlusserklärung feilschten. Dass die Einigung äußerst schwerfiel, merkte man dieser Erklärung denn auch an.

Ein wesentlicher Punkt ist die Anerkennung des „Syrischen Nationalrats“ als eines „legitimen Vertreters aller Syrer“ – allerdings nicht als des einzigen Vertreters. Damit soll offenbar der Gesprächskanal nach Damaskus offen gehalten werden. Das „Fenster“ für Assad, seinen Verpflichtungen nachzukommen, bleibe nicht ewig offen, so die Schlusserklärung.

Während Syriens Opposition, die Golfmonarchien und auch die Türkei auf härtere Maßnahmen gegen das Regime in Damaskus gedrängt hatten, standen Amerikaner und Europäer zunächst auf der Bremse. Vor allem in einem Punkt spießte es sich: Sollen nur Waffenlieferungen an das syrische Regime geächtet werden oder Lieferungen an alle Konfliktparteien?

Saudiarabien und Katar machen sich seit Längerem für eine militärische Unterstützung der syrischen Opposition stark. Sie fordern eine Bewaffnung der Rebellen. Die westlichen Staaten wandten sich bisher gegen eine „weitere Militarisierung“ des Konflikts. Sie fürchten, Waffen könnten in die falschen Hände geraten – vor allem seit Berichten, dass Jihadisten, die der Terrororganisation al-Qaida nahestehen, die Aufständischen infiltrieren.

Zweifel an Assads Zusagen

Syrien hat vergangene Woche offiziell den Sechs-Punkte-Friedensplan von Kofi Annan, dem Sondergesandten der UNO und der Arabischen Liga, akzeptiert. Darin ist ein Waffenstillstand, der ungehinderte Zugang humanitärer Organisationen zum Kampfgebiet und die Freilassung politischer Gefangener vorgesehen. Die Gefechte in Syrien gingen in den vergangenen Tagen jedoch weiter, und so zeigte sich der türkische Premier Recep Tayyip Erdoğan skeptisch: Auch bisher habe Assad seine Zusagen nicht eingehalten. In seiner mit Pathos vorgetragenen Rede stellte Erdoğan klar, dass in dem Konflikt „zwischen Opfern und Tätern unterschieden“ werden müsse: „Wenn der UN-Sicherheitsrat nicht seine Verantwortung wahrnimmt, gibt er dem syrischen Volk das legitime Recht auf Selbstverteidigung“, donnerte der türkische Regierungschef. Annan wurde in der Istanbuler Schlusserklärung aufgefordert, seinen Plan mit konkreten Fristen zu versehen.

Waldner für politische Lösung

Österreich war in Istanbul durch Staatssekretär Wolfgang Waldner vertreten. Zwar sei die Frustration der syrischen Opposition verständlich, meinte Waldner. In dem Konflikt könne es aber nur eine politische Lösung geben: „Wir rufen die syrische Regierung auf, rasch umzusetzen, was sie zugesagt hat.“ Waldner verlangte zudem, dass die Verantwortlichen für Verbrechen gegen die Menschlichkeit in Syrien zur Rechenschaft gezogen werden müssen. Militärische Mittel lehnte Waldner vor Journalisten ab, falls nötig, müsse weiter an der Sanktionenschraube gedreht werden.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 02.04.2012)

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