Die Putschisten wollen die Macht nicht abgeben. Zuvor hatten sie dies nach Sanktionsdrohungen der internationalen Gemeinschaft angekündigt. Der UN-Sicherheitsrat will eine Erklärung verabschieden.
Die derzeit in Mali regierende Militärjunta erwägt, den vor knapp zwei Wochen gestürzten Präsidenten Amadou Toumani Toure wegen Hochverrats und Veruntreuung anzuklagen. Zudem lehnten die Putschisten ab, die Macht an eine demokratisch gewählte Regierung abzugeben, berichtete die örtliche Webseite maliactu.net am Mittwoch. Zuvor hatten die Putschisten dies mehrmals angekündigt.
Die internationale Gemeinschaft will den Druck auf die Militärführung weiter erhöhen. Der UN-Sicherheitsrat forderte einen sofortigen Rückzug der Putschisten. "Die Verfassung und die ordentlich gewählte Regierung müssen umgehend wieder eingesetzt werden", heißt es in einer sogenannten Präsidentiellen Erklärung, die der Rat am Mittwoch einstimmig verabschiedete. "Der Sicherheitsrat fordert die vollständige Rückkehr der Macht in die Hände der zivilen Regierung."
Malis UN-Botschafter Oumar Daou richtete einen verzweifelten Appell an das mächtigste UN-Gremium. "Mali war nie in solch einer ernsten Situation, selbst nicht in unseren schlimmsten Alpträumen. Die Situation ist unbeschreiblich, es ist furchtbar." Hunderttausende seien auf der Flucht. Zudem drohe dem Land die Spaltung. Frankreichs UN-Botschafter Gérard Araud schloss eine Intervention der früheren Kolonialmacht, wie im vergangenen Jahr in der Elfenbeinküste, aus.
Meuternde Soldaten hatten vor knapp zwei Wochen die Macht im Land an sich gerissen. Seither herrscht Chaos in dem westafrikanischen Land. Touré soll sich gemeinsam mit einigen loyalen Militärs in der Nähe der Hauptstadt Bamako versteckt halten.
Tuareg und Islamisten erobern Norden Malis
Juntaführer Kapitän Amadou Sanogo will Berichten zufolge eine nationale Versammlung abhalten, bei der über die Zukunft Malis entschieden werden soll. "Die Beschlüsse dieser Versammlung müssen von allen akzeptiert werden, so dass wir die Sicherheitslage im Norden angehen können", sagte Sanogo vor Journalisten und verwies damit auf den Vormarsch der Tuareg-Rebellen.
Die Putschisten und ihr Anführer hatten den Staatsstreich ursprünglich damit begründet, dass die Regierung unfähig gewesen sei, die Tuareg-Rebellion im Norden des Landes unter Kontrolle zu bringen. Jedoch sind die Rebellen mit Unterstützung einiger islamistischer Gruppen in den vergangenen Tagen immer weiter vorgerückt und haben unter anderem die historische Stadt Timbuktu eingenommen. In strategisch wichtigen Städten im Norden Malis haben inzwischen Islamisten der Gruppe Ansar Dine die Oberhand gewonnen. Sie hatten zunächst an der Seite der Tuareg-Rebellen der Nationalen Befreiungsbewegung von Azawad (MNLA) gekämpft, die im Norden einen eigenen Staat errichten wollen.
EU sieht keine Notwendigkeit für Sanktionen
Die Afrikanische Union (AU) einigte sich am Dienstag auf "ein Einreiseverbot und das Einfrieren von Vermögenswerten des Führers der Militärjunta und seiner Gefolgschaft mit sofortiger Wirkung", erklärte Ramtane Lamamra, AU-Kommissar für Frieden und Sicherheit, nach einem Treffen der Gemeinschaft in der äthiopischen Hauptstadt Addis Abeba. Auch die USA setzten Maßnahmen. Diejenigen, die "Malis Rückkehr zu einer zivilen Führung und einer demokratisch gewählten Regierung blockieren" würden mit Reiseverboten belegt, erklärte das US-Außenministerium am Dienstag. Damit seien auch Familienmitglieder der Putschisten gemeint sowie diejenigen, die den Anführer der meuternden Soldaten, Amadou Sanogo, "aktiv unterstützen".
Die EU-Kommission sieht derzeit keine Notwendigkeit von Sanktionen gegen die Militärjunta in Mali. Eine Sprecherin erklärte am Mittwoch in Brüssel, die Kommission unterstütze aber die Bemühungen, dass das Land so schnell wie möglich "in den verfassungsmäßigen Zustand zurückkehrt".
Rotes Kreuz über Lage besorgt
Das Internationale Rote Kreuz ist angesichts der angespannten Lage in Mali besorgt. Die Situation in dem westafrikanischem Land sei "besonders kritisch", insgesamt seien in der Sahelzone rund 16 Millionen Menschen von akuter Nahrungsmittelknappheit betroffen. In Mali versorgt das Rote Kreuz derzeit mehr als 730.000 Menschen mit Nahrungsmitteln und Saatgut, wie die Organisation am Mittwoch mitteilte.
"Sicherheit und Zugang zu Wasser und Nahrungsmitteln sind derzeit die größten Herausforderungen", sagte Jürg Eglin, Leiter der Delegation des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz (IKRK) in Mali sowie dessen Nachbarland Niger. Ein Schwerpunkt der Rotkreuz-Arbeit vor Ort sei auch die Versorgung von Kranken und Verletzten und der Besuch von Gefangenen aller Konfliktparteien. Zusätzlich werden Impfaktionen für Tiere durchgeführt, damit diese widerstandsfähiger werden und die Viehzüchter nicht ihre Herden verlieren.
Aufgrund des Putsches und den Unruhen im Norden des Landes sind bereits mehr als 220.000 Menschen auf der Flucht. Abgesehen von Mali spitze sich die Ernährungslage aber auch auch in anderen Teilen der Sahelzone weiter zu. "Bereits jetzt sind in der Region mehr als eine Million Kinder unterernährt", sagt Rotkreuz-Mitarbeiter Wolfgang Klug. "Weitere zwei Millionen Kinder sind stark gefährdet, in den kommenden Wochen ebenfalls hungern zu müssen." Schon in den Wochen zuvor hatten Hilforganisationen auf die gefährliche humanitäre Lage hingewiesen.
(APA)