Die Angst der Israelis vor einem Krieg gegen den Iran

(c) EPA (JIM HOLLANDER)
  • Drucken

E in Präventivschlag gegen die Atomanlagen des Iran scheint näherzurücken. Doch weite Teile der israelischen Bevölkerung lehnen einen Militärschlag gegen Iran ab.

Tel Aviv/Kna. Die Idee hatte das israelische Ehepaar Ronny Edri und Michal Tamir. „Iranians – we love you“, ist ihre Botschaft, die sie auf Facebook verbreiteten. Innerhalb von Tagen klickten tausende Israelis auf „Gefällt mir“.

„Iraner – wir werden niemals euer Land angreifen“, steht auf einem rosa Plakat mit blauem Herzen in der Mitte. Edri gibt zu, dass das Poster nicht besonders geistreich sei. „Das Fantastische ist, dass mit so wenig schon so viel erreicht werden kann“, sagt er. Das „bisschen Herz und ein bisschen Liebe“, wie er sagt, haben zahlreiche Iraner umgekehrt dazu motiviert, ihre Zuneigung zu den Israelis zu formulieren. „We Iranians love you too“, heißt es in einer Nachricht auf Facebook. Und: „Wir wollen nicht Eure Feinde sein.“

Präventivangriff rückt näher

Schenkt man Politikern in Jerusalem Gehör, scheint ein Präventivschlag gegen die Atomanlagen des Iran näherzurücken. „Wir haben die Diplomatie abgewartet und die Sanktionen“, sagte Premier Benjamin Netanjahu unlängst, nun „kann es sich keiner von uns erlauben, noch viel länger zu warten“.

Bis zum Herbst, so vermuten Militärexperten, könnte Israel agieren. Danach wären nur noch die USA in der Lage, die unter dicken Betonschichten verborgenen Anlagen zu erreichen. Nicht zum ersten Mal kursieren Fristen, doch vieles deutet darauf hin, dass die Armee es diesmal ernst meint. Die alten Gasmasken werden ausgetauscht, Kampfflugzeuge üben das Tanken in der Luft, Krankenhäuser, Feuerwehr, Polizei und Militärs proben den Ernstfall.

Ganz offen wird in den Medien ein Militärschlag in Zweifel gestellt. Ziel wäre kaum noch, das Atomprojekt komplett lahmzulegen, sondern allenfalls um ein paar Jahre zu verzögern. Als schärfster Kritiker gilt derzeit Meir Dagan. Der Ex-Mossad-Chef spricht unverblümt von einer „Wahnsinnsidee“.

Nicht zum ersten Mal würden die Politiker den warnenden Worten von Militär und Geheimdiensten zum Trotz agieren. 1981 gab der damalige Regierungschef Menachem Begin Befehl zum Angriff auf den irakischen Atomreaktor Osirak, obschon sowohl der Chef des Mossad als auch der Direktor des militärischen Abwehrdienstes strikt dagegen waren. Damals wie heute lehnte auch das Weiße Haus einen israelischen Präventivschlag ab. Rückblickend hat der Alleingang Israels vor knapp 30 Jahren am Verhältnis zu den USA nichts verändert, was daran liegen dürfte, dass die israelischen Bomben ihr Ziel erreichten, ohne einen Gegenschlag oder Terror zu provozieren. Bei einem Angriff auf die iranischen Nuklearanlagen, so räumen selbst die eifrigsten Befürworter eines Präventivschlags ein, würde hingegen sicher mit Vergeltungsmaßnahmen zu rechnen sein.

Umfragen deuten auf ein zunehmendes Zögern der israelischen Bevölkerung hin. Knapp über 40 Prozent der Israelis würden zwar eine konzertierte Aktion zusammen mit den USA befürworten, nicht aber einen Alleingang Israels. 32 Prozent lehnen einen Angriff grundsätzlich ab.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 14.04.2012)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.