Steuerdebatte heizt den US-Wahlkampf an

(c) EPA (BRIAN BLANCO)
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Präsident Obama zahlte vergangenes Jahr nur 20 Prozent Einkommensteuer. Er fordert einen Mindeststeuersatz von 30 Prozent für alle, die mehr als eine Million Dollar pro Jahr verdienen.

Wien/Ag./Red. US-Präsident Barack Obama hat dem Wahlkampf neuen Zunder gegeben. Am Freitag veröffentlichten er und sein Vize Joe Biden ihre gesamten Steuererklärungen seit dem Jahr 2000. Daraus geht hervor, dass die Obamas im Jahr 2011 nicht mehr als 20,5 Prozent Steuern gezahlt haben – bei einem Einkommen von knapp 790.000 US-Dollar (604.000 Euro).

Mitt Romney, der wahrscheinliche republikanische Gegenkandidat für die Präsidentenwahl im November, kam im Vorjahr dagegen auf eine Steuerquote von gerade einmal 15,4 Prozent. Sein Einkommen betrug aber mehr als 20 Mio. Dollar.

Das Einkommen des Präsidenten stammt zur Hälfte aus seinem Gehalt von 395.000 Dollar. Der Rest ist unter anderem auf Buchverkäufe zurückzuführen. Seine niedrige Steuerquote lässt sich mit der Absetzbarkeit von Spenden erklären – 2011 spendeten die Obamas 170.000 Dollar an verschiedene Organisationen.

Romneys niedrige Steuerquote lässt sich damit erklären, dass er sein Geld hauptsächlich aus Unternehmensbeteiligungen bezieht. Dividenden werden in den USA nur mit 15 Prozent besteuert (in Österreich mit 25 Prozent). Dafür ist die Körperschaftsteuer mit 35 Prozent höher als hierzulande.

Passend dazu behandelt der Senat am Montag die von Obama und den Demokraten geforderte Reichensteuer. Diese „Buffett Rule“ geht auf eine Forderung des Starinvestors Warren Buffett nach höheren Steuern für Vielverdiener zurück. Jeder, der mehr als eine Million Dollar pro Jahr verdient, soll demnach zumindest 30 Prozent seines Einkommens an den Fiskus abliefern. Obama wäre selbst also nicht betroffen.

„Die meisten Amerikaner“ seien für die Idee der Millionärssteuer, sagte Obama zuletzt in seiner wöchentlichen Ansprache. Das gelte sogar für „fast die Hälfte der Republikaner“. Tatsächlich zeigt eine Umfrage des Gallup Instituts, dass 60 Prozent der Amerikaner die Regel begrüßen würden.

Kongress stellt sich quer

Mit der Forderung nach höheren Einkommensteuern richtet sich Obama ausdrücklich gegen die Politik seines Vorgängers. George W. Bush hat unter anderem den Spitzensteuersatz auf 35 Prozent gesenkt und die Steuer auf Kapitaleinkünfte auf 15 Prozent reduziert.

Die Republikaner bezeichnen die Pläne der Demokraten als „Klassenkampf“. Sie kontrollieren derzeit den Kongress. Um zu einem Gesetz zu werden, müsste die Buffett Rule sowohl den demokratisch kontrollierten Senat als auch den Kongress passieren, was derzeit aussichtslos erscheint.

Den Demokraten dürfte die Thematik daher ideale Munition für den Wahlkampf liefern. Ihre Rivalen seien mehr damit beschäftigt, Reiche zu schützen, als auf die Mittelschicht zu hören, lautet ihr Vorwurf. Eine Sprecherin der Romney-Kampagne bezeichnete die Debatte als Versuch der Demokraten, von der langsamen Erholung der Wirtschaft abzulenken. Romney selbst lehnt die Millionärssteuer als „Angriff auf die wirtschaftliche Freiheit“ ab.

Die Konservativen treten dagegen mit einem eigenen Steuerplan an. Im Kongress wird diese Woche über einen Vorschlag des Republikaners Eric Cantor abgestimmt. Dieser sieht eine temporäre Steuersenkung für alle Unternehmen mit weniger als 500 Mitarbeitern vor.

Ein Jahr lang sollten diese Betriebe 20 Prozent weniger an Steuern zahlen, um mehr Spielraum für neue Arbeitsplätze und Investitionen zu haben. Der Plan würde den US-Haushalt mit 46 Mrd. Dollar belasten.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.04.2012)

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