Der WikiLeaks-Gründer interviewte Hassan Nasrallah, den Chef der libanesischen Hisbollah-Miliz. Syrien war denn auch ein Hauptthema: Nasrallah pries die Friedens- und Kompromissbereitschaft des Assad-Regimes.
Wien/Hd. Julian Assange, Gründer der Enthüllungsplattform WikiLeaks, hielt sich immer viel auf seine Unabhängigkeit zugute. Seit 2010 hat WikiLeaks hunderttausende geheime US-Dokumente ins Netz gestellt. So manchen seiner Anhänger dürfte es also erstaunt haben, dass Assange nun ausgerechnet beim Kreml-Sender „Russia Today“ eine Sendung bekam. Am Dienstag hatte er seinen ersten Interviewgast, und es handelte sich um einen sehr prominenten Gesprächspartner: Zugeschaltet „von einem geheimen Ort“ im Libanon war Hassan Nasrallah, Chef der dem syrischen Regime nahestehenden libanesischen Miliz und Partei Hisbollah.
Syrien war denn auch ein Hauptthema: Nasrallah pries die Friedens- und Kompromissbereitschaft des Assad-Regimes. Nur leider, leider, sei die Opposition nicht gesprächsbereit. Ob er, Nasrallah, sich vorstellen könne, in Syrien zwischen Regime und Opposition zu vermitteln, wollte Assange wissen. Dazu sei er gerne bereit, so der Hisbollah-Führer. Assange dämmerte freilich, dass Nasrallah so ziemlich der Letzte wäre, den die syrische Opposition um Vermittlung ersuchen würde. Er fragte also, ob die Hisbollah nicht – um mehr Glaubwürdigkeit als Vermittler zu erlangen – eine rote Linie definieren könne, die das syrische Regime nicht überschreiten dürfe. Nasrallah ging nicht weiter darauf ein.
Assange fasste sein Gegenüber teilweise mit Samthandschuhen an: Ob Israels Behauptung denn stimme, dass die Hisbollah israelische Wohngebiete mit Raketen angreife? Am Ende wurde der Ton fast freundschaftlich, als Assange seinen „Gast“ bat, doch noch einmal die lustige Geschichte zu erzählen, mit welcher Geheimsprache die Hisbollah-Kämpfer ihre Nachrichten verschlüsseln.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 18.04.2012)