Jedem seinen 1. Mai: Sarkozy feiert „Tag der wahren Arbeit“

(c) AP (Lionel Bonaventure)
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Die Linke ist empört und stellt den um seine Wiederwahl kämpfenden Präsidenten in eine Reihe mit Nazi-Kollaborateur Pétain.

Paris/R. b. Erster Mai mal drei in Paris: Zu den traditionellen gewerkschaftlichen Kundgebungen am Tag der Arbeit gibt es heuer nicht nur die bereits seit Jahren stattfindende Gegenveranstaltung des rechtsextremen Front National zu Ehren der Nationalheiligen Jeanne d'Arc, sondern auch Konkurrenz durch Präsident Nicolas Sarkozy. Er rief zu einem Fest der „wahren Arbeit“ zu Füßen des Eiffelturms auf.

Die Gewerkschaften sind empört, die Linksparteien spotten über Sarkozy, der aufgrund seiner Bilanz eher der Präsident der „wahren Arbeitslosigkeit“ sei. Sie erinnern aber auch daran, dass als letzter Staatschef Marschall Pétain während der faschistischen Kollaboration mit den Nazis (1940 bis 1945) versucht hatte, den Tag der Arbeit unter der Devise „Arbeit, Familie, Vaterland“ zu pachten. So wolle Sarkozy sich bei den Wählern des Front National einschmeicheln.

„1. Mai nicht von Sozialisten privatisiert“

Sarkozy ist verärgert, dass der größte Gewerkschaftsverband CGT zu seiner Abwahl aufruft. In der Regel enthalten sich die Arbeitnehmerorganisationen der direkten Einmischung bei Wahlen. Umgekehrt hatte Sarkozy mehrfach Verbände aller Art als Bremser der Modernisierung bezeichnet. Nicht von ungefähr musste er befürchten, dass die Linke heuer den 1. Mai kurz vor der zweiten Runde der Präsidentschaftswahl zum Aktionstag gegen ihn machen könnte.

Sarkozys Gegenveranstaltung soll ein Fest derjenigen werden, „die hart arbeiten, die sich aufopfern, die leiden und die nicht wollen, dass man mehr verdienen kann ohne zu arbeiten, als mit Arbeit“. Damit meint er nicht etwa Erben oder Rentiers, sondern Sozialhilfebezieher, die sich, ohne den Finger zu rühren, durchschlagen oder gar bereichern. Das gibt es in Frankreich, wenn auch nicht massenhaft. Zur Kritik von links konterte er bissig, ihm sei nicht bekannt, dass „der 1. Mai von den Sozialisten privatisiert worden“ sei.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.04.2012)

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