Mitt Romney sucht nach der Nummer zwei

(c) AP (Jae C. Hong)
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Bei den Republikanern rückt die Frage nach dem Kandidaten für die Vizepräsidentschaft in den Blickpunkt. An der Gerüchtebörse kursieren ein Dutzend Aspiranten. Marco Rubio entfacht den größten Wirbel.

Washington. Das Publikum merkte auf: „Hört, hört!“ Marco Rubio war ein „Lapsus Linguae“ unterlaufen, ein vielsagender Versprecher. „Wenn ich als Vizepräsident die Chance bekomme...“, sagte der republikanische Neo-Senator, ehe er unter Gelächter abbrach. Eigentlich wollte er ja über seine Ziele als Senator ausholen. Sein Name schwirrt so häufig als Mitt Romneys Vizepräsidentschaftskandidat an der Gerüchtebörse herum, dass der 40-Jährige schon selbst verwirrt ist. Dabei hat der konservative Polit-Star aus Florida mit den kubanischen Wurzeln, ein Tea-Party-Darling, der eine Zeitlang als Mormone aufwuchs, sein Mantra zu Protokoll gegeben: „Ich werde nicht Vizepräsident, ich werde nicht gefragt werden, und ich will es nicht werden.“

Derlei Dementi haben indes wenig zu besagen. Wie sprach Vizepräsident Joe Biden anno 2008: „Ich will den Job nicht haben.“ Oder Dick Cheney im Jahr 2000: „Ich habe keine Sehnsucht, in die Regierung zurückzukehren.“ Als Vorsitzender des Findungskomitees George W. Bushs fand sich Cheney am Ende dann selbst. Es gehört zu den ungeschriebenen Regeln, dass man sich für den zweithöchsten Job im Lande nicht bewirbt und jede Ambition abstreitet, ihn aber auch schlecht ablehnen kann. Und so spielen sich die potenziellen Kandidaten den Ball derzeit zu wie eine heiße Kartoffel. Rubio empfahl seinen Mentor Jeb Bush, einen Spross der Polit-Dynastie – und der gab das Kompliment postwendend zurück.

Seit der Vorwahlkampf der Republikaner entschieden ist, sich selbst Newt Gingrich keinen Illusionen mehr hingibt und und einzig der Solitär Ron Paul die Stellung hält gegenüber Mitt Romney, dreht sich das mediale Personenkarussell um die Frage, wer die ehrenhafte Position des „Running Mate“ an der Seite Romneys am wirksamsten ausfüllen könnte. Vor vier Jahren kam Romney selbst dafür in Betracht: Er beantwortete einen 70-seitigen Fragebogen.

Das Palin-Fiasko

Wie kaum ein anderer elektrisiert Marco Rubio die konservative Basis. Demnächst erscheinen am selben Tag zwei Bücher über ihn, gerade erst hielt er eine viel beachtete außenpolitische Rede, und er tourte als Vorredner für Romney. Er würde dem Romney-Team jugendliche Dynamik verleihen und die Latino-Wähler ansprechen.

Wie die Gouverneure Chris Christie oder Bobby Jindal, wie Finanzsprecher Paul Ryan spekuliert Rubio mit einer Präsidentschaftskandidatur 2016. Womöglich würden sie Romney zudem überstrahlen, so wie Sarah Palin 2008 den Kandidaten John McCain – ein derartiges Fiasko will Romneys Camp unter allen Umständen vermeiden. Eine Überraschung sei also nicht zu erwarten. Romneys Wahl könnte auf einen Mann seinesgleichen treffen. Als Favorit gilt momentan Rob Portman, ein weithin unbekannter Senator aus dem „Swing State“ Ohio.

Auf einen Blick. Die „Shortlist“ der republikanischen Kandidatenriege für das Amt des Vizepräsidenten: Zwei Senatoren und zwei Gouverneure

Marco Rubio. Der Senator aus Florida ist die größte Nachwuchshoffnung, ein Liebling der konservativen Basis. Über den Polit-Star mit den kubanischen Wurzeln, einem Protegé von Jeb Bush, erscheinen demnächst gleich zwei Bücher.
Rob Portman.
Der Senator aus Ohio ist nur Insidern geläufig. Ideologisch eher moderat, agierte er als US-Handelsbeauftragter und Budgetdirektor in der Regierung George W. Bushs. Der Pragmatiker gilt derzeit als Romneys erste Wahl. Bobby Jindal. Der indischstämmige Gouverneur aus Lousiana, ein Schnellsprecher, hegt höhere Ambitionen. Anfangs als „republikanischer Obama“ gepriesen, stand er vor zwei Jahren im Zuge der Ölkatastrophe im nationalen Scheinwerferlicht.
Chris Christie.
Der populäre Gouverneur von New Jersey, ein glühender Bruce-Springsteen-Fan, sah sich heuer noch nicht bereit für eine Präsidentschaftskandidatur. Als einer der ersten Parteigranden trat er für Romney ein. [AP (3), EPA]

("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.04.2012)

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