Sollte kein Abkommen mit der EU zustande kommen, würde der Zugang für Produkte eingeschränkt. Der Vize-Chef der Regierungspartei verteidigt den Umgang mit Timoschenko. Sie könnte bald zwangsernährt werden.
Die Ukraine hat Deutschland im Streit um die inhaftierte Oppositionspolitikerin Julia Timoschenko und einen möglichen Boykott der Fußball-EM mit wirtschaftlichen Konsequenzen gedroht. Wegen der Auseinandersetzung liegt derzeit ein EU-Assoziierungsabkommen mit der Ukraine auf Eis. "Ohne Abkommen wird der deutsche Zugang zum ukrainischen Markt begrenzt sein", sagte der Vizepräsident der ukrainischen Regierungspartei, Leonid Koschara, am Freitag. "Deutsche Hersteller werden verlieren," warnte er vor Folgen für die Bundesrepublik. Julia Timoschenko könnte indes bald zwangsernährt werden.
Die Ukraine reagierte mit ihrer Drohung auf den deutschen Außenminister Guido Westerwelle. Der hatte zuvor erklärt, ohne Rechtsstaatlichkeit könne das EU-Assoziierungsabkommen mit der Ukraine nicht ratifiziert werden. "Mir scheint, dass der Fall Timoschenko für einige Politiker im Westen einen sehr persönlichen Charakter trägt", sagte Koschara. Berlin empfinde das Scheitern der von Timoschenko geführten "Orangen Revolution" offenbar als "persönliche Niederlage".
Deutschland: Keine schnelle Einigung
Timoschenko verbüßt in der Ukraine derzeit eine siebenjährige Haftstrafe wegen Amtsmissbrauchs. Seit dem 20. April protestiert die an Bandscheibenproblemen leidende Ex-Regierungschefin mit einem Hungerstreik gegen ihre Haftbedingungen. Der Westen hält ihre Strafe für politisch motiviert. Aus Protest gegen den Umgang mit Timoschenko entschied die gesamte EU-Kommission am Donnerstag, der EM in dem Land fernzubleiben.
Deutschland erwartet keine schnelle Einigung zwischen deutschen und ukrainischen Behörden, auch wenn es sehr intensive Kontakte gebe, so ein Sprecher des deutschen Außenamtes. Das Angebot zur Behandlung Timoschenkos in Berlin gelte weiter. Am Freitag reiste ein Berliner Arzt mit Diplomaten in die Ukraine um Timoschenko zu behandeln. Ihre Tochter gibt an, dass sich derZustand der Oppositionellen in den vergangenen Tagen verschlechtert habe.
Timoschenko handelte "verbrecherisch"
Koschara verteidigte den Umgang der ukrainischen Behörden mit Timoschenko. In ihrer Zeit als Regierungschefin habe die Politikerin "verbrecherisch" gehandelt und der Ukraine 2009 "kolossalen Schaden" bei Gasverhandlungen mit Moskau zugefügt.
Eine Zwangsernährung der Ex-Regierungschefin ist nach Angaben der Justizbehörden der Ex-Sowjetrepublik nicht ausgeschlossen. "Wir werden sie auf jeden Fall nicht sterben lassen." Das sagte ein namentlich nicht genannter Mitarbeiter des Gefängnisses in Charkow, in dem die Oppositionsführerin inhaftiert ist zu der ukrainischen Zeitung "Segodnja".
(Ag.)