Jemen: Al-Qaida nimmt blutige Rache für Offensive der Armee

(c) AP (Hani Mohammed)
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Ein Selbstmordattentäter riss im Jemen fast hundert Soldaten mit in den Tod. Der Regierung ist die Kontrolle über Gebiete im Süden entglitten. Eine al-Qaida-nahe Gruppe zeichnete für den Anschlag verantwortlich.

Kairo/Sanaa Selten hat ein einzelner Selbstmordattentäter mit einer Sprengstoffweste so viel Unheil angerichtet: Fast hundert Soldaten kamen in Jemens Hauptstadt Sanaa um, als ein Mann in Militäruniform sich in ihrer Mitte in die Luft jagte, 300 weitere wurden verletzt. „Überall lagen Körperteile herum – Arme, Beine und Köpfe“, beschreibt Ahmad Sobhi, einer der Soldaten, die Szene.

Die Truppen studierten gerade eine Parade für den Tag der Einheit ein, der an die Wiedervereinigung von Nord- und Südjemen 1990 erinnert. Der anwesende Verteidigungsminister sowie der Stabschef blieben unverletzt.

Eine al-Qaida-nahe Gruppe zeichnete für den Anschlag verantwortlich. Es war die blutige Antwort auf eine Offensive der Armee, die vor zehn Tagen im Süden begann. Durch die Militäraktion, an der angeblich bis zu 25.000 Soldaten beteiligt sind, sollen Gebiete des „Emirats von Abyan“,  das von al-Qaida-Kämpfern kontrolliert wird, wieder unter die Souveränität der Regierung gebracht werden. Laut der Armee kamen bei der Offensive schwere Artillerie, Luftwaffe und selbst die Marine zum Einsatz, auch saudische Kampfjets sollen beteiligt sein. Die Offensive soll auf einen Plan zurückgehen, den die Armee mit US-Militärexperten ausgearbeitet hat.

Der neue Präsident Abed Rabbo Mansour Hadi, der im Februar nach einem mehr als ein Jahr dauernden Aufstand das Amt von Ali Abdallah Saleh übernommen hat, kämpft derzeit an zwei Fronten: Er muss die Gebiete zurückerobern, die im Chaos des Arabischen Frühlings von al-Qaida-Kämpfern unter ihre Kontrolle gebracht wurden.

Al-Qaida hat das Machtvakuum in Sanaa genutzt, um ihren Einfluss auszubauen. Hadi hat gleich nach seiner Amtsübernahme den Krieg gegen die Terroristen als nationale Aufgabe bezeichnet. Gleichzeitig muss er die Armee, die er für letztere Aufgabe benötigt, immer noch von den Vertretern des alten Regimes säubern.

US-Berater ziehen die Fäden

Und im Hintergrund ziehen US-Militärberater die Fäden. Das wurde auch deutlich bei einem anderen Anschlag am Sonntag, als drei US-Militärberater in der Hafenstadt Hodeida von militanten Islamisten angegriffen wurden. Einer der US-Militärs wurde verletzt, auch hinter diesem Angriff steckte eine al-Qaida-nahe Gruppe.

Vor der neuesten Militäroffensive waren Verhandlungen zwischen der Regierung und den Militanten gescheitert. „Wir hatten zwei Bedingungen: den Rückzug der Armee und die Einführung der Scharia in Abyan. Letzteres wurde verweigert“,  erzählt Jalal Baleedi al-Murqashi, einer der lokalen al-Qaida-Kommandeure in einem Interview mit der jemenitischen Presse. Zwischen dem Sturz Salehs und der Amtsübernahme Hadis habe die Devise gegolten: „Sie haben uns nicht angegriffen und wir haben sie nicht bekämpft“. Diese Zeit ist nun definitiv vorbei.

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