Der Westen weist syrische Botschafter aus

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Die internationale Diplomatie reagierte prompt. Mehr als 80 Menschen, darunter Frauen und Kinder, wurden nach UN-Angaben in der Stadt Houla exekutiert. In Wien darf Syriens Spitzendiplomat bleiben.

Berlin/Paris/Damaskus/Ag./Cu. Das Massaker in der Stadt Houla könnte eine Wende in der Syrien-Krise markieren. Nach Recherchen der UNO wurden mehr als 80 der insgesamt 108 Opfer im Zuge von Sammelhinrichtungen getötet, weniger als 20 durch Artillerie- oder Panzerbeschuss. Das gab am Dienstag in Genf ein Sprecher des UN-Hochkommissariats für Menschenrechte bekannt. Ausgeführt hätten die Exekutionen laut Berichten von Einwohnern der Stadt Houla regierungstreue Schahiba-Milizen. Unter den Toten befanden sich auch Frauen und Kinder.

Die internationale Diplomatie reagierte prompt auf das Blutbad. Ein westlicher Staat nach dem anderen wies syrische Spitzendiplomaten aus. Erst Australien, dann Frankreich und auch Deutschland. Weitere Staaten sollten folgen. Österreich zog nicht mit, aus zwei Gründen, wie Alexander Schallenberg, der Sprecher des Außenministers, auf Anfrage der „Presse“ ausführte: Der syrische Botschafter in Wien sei zugleich auch bei den Vereinten Nationen akkreditiert und könne angesichts der laufenden UN-Beobachtermission in Syrien schon allein deshalb nicht ausgewiesen werden. Zweitens müsse Österreich auch auf den Einsatz seiner Blauhelme auf den Golanhöhen Rücksicht nehmen, sagte Schallenberg.

Fabius: „Assad ist ein Mörder“

Klar Position bezog der neue französische Außenminister, Laurent Fabius. Syriens Präsident, Bashar al-Assad, sei der Mörder seines Volkes. „Er muss die Macht abgeben. Je früher, desto besser“, sagte der Sozialist im Interview mit „Le Monde“. Ähnlich äußerte sich der türkische Premierminister, Recep Tayyip Erdoğan. Die Geduld der Welt mit Assad habe Grenzen, auch im Weltsicherheitsrat. Das höchste Gremium der Vereinten Nationen hatte das Massaker in Houla scharf verurteilt. Auch Russland und China stimmten mit.

Die syrische Regierung wies die Verantwortung von sich. Hinter den Gewalttaten in Houla stecke die islamistische Opposition. Großbritannien, Frankreich und Deutschland überzögen Syrien mit einem „Tsunami von Lügen“.

Kofi Annan, der Sondervermittler der UNO, hatte am Dienstag Gelegenheit, die Causa direkt mit Assad zu besprechen. Vor dem Treffen in Damaskus zeigte sich der ehemalige UN-Generalsekretär „schockiert“ und entsetzt über das Gemetzel in Houla. Die Verantwortlichen müssten zur Rechenschaft gezogen werden.

Im Gespräch mit Assad drängte Annan auf die Umsetzung seines Sechs-Punkte-Friedensplans, der im Grunde nur deshalb noch auf dem Tisch liegt, weil keiner eine Alternative sieht. Eine Militärintervention will niemand wagen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 30.05.2012)

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