Syrien: Rebellen drohen mit militärischer Eskalation

Jordanians and Syrian refugees take part in a demonstration against Syria's President Bashar al-Assad
Jordanians and Syrian refugees take part in a demonstration against Syria's President Bashar al-Assad(c) REUTERS (Ali Jarekji)
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Sollte Assad den Friedensplan bis Freitag nicht umsetzen, fühle man sich an keine Zusagen mehr gebunden. Dies gab ein Sprecher der Rebellen bekannt.

Die syrischen Rebellen drohen Staatschef Bashar al-Assad mit einer militärischen Eskalation des seit 14 Monaten anhaltenden Machtkampfes. Am Mittwochabend setzten sie dem Staatschef ein Ultimatum, binnen 48 Stunden den Friedensplan des internationalen Syrien-Gesandten Kofi Annan umzusetzen. Sollte dies bis Freitag nicht der Fall sein, werde die Armee der Aufständischen sich an keine Zusagen mehr gebunden fühlen und die Zivilisten, ihre Dörfer und Städte verteidigen, erklärte ein Rebellen-Sprecher über das Internet.

Zuvor war deutlich geworden, dass Assad einen internationalen Militäreinsatz vorerst nicht fürchten muss. Frankreichs Präsident Francois Hollande brachte als erster westlicher Spitzenpolitiker diese Option ins Spiel. Ein Militäreinsatz müsse allerdings durch ein UNO-Mandat gedeckt sein.

Die UNO-Vetomächte Russland und China bekräftigten prompt ihre Ablehnung. Auch die USA und Deutschland sahen trotz des Massakers von Houla keinen Anlass für einen Militäreinsatz. Sie setzen auf politischen Druck, der insbesondere über den Sicherheitsrat der Vereinten Nationen aufgebaut werden soll. Russlands Präsident Wladimir Putin unterstrich vor seinem für Freitag anberaumten Besuch bei der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel, dass er von seiner Syrien-Politik nicht abrücken werde. Damit stehen auch die Chancen für eine UNO-Resolution oder internationale Sanktionen schlecht.

"Für Spekulationen über militärische Optionen besteht aus Sicht der Bundesregierung kein Anlass", sagte der deutsche Außenminister Guido Westerwelle der Tageszeitung "Die Welt" (Donnerstag-Ausgabe). "Wir wollen den Menschen in Syrien helfen und wir wollen einen Flächenbrand in der Region verhindern." US-Präsidialamtssprecher Jay Carney sagte, eine weitere Militarisierung würde vermutlich nur "zu mehr Chaos und einem größeren Blutbad führen".

Befürchtet wird ein Abgleiten Syriens in einen voll entfachten Bürgerkrieg, der über die Grenzen schwappen und die gesamte Region in einen Strudel der Gewalt reißen könnte. Die syrische Armee gilt zudem als deutlich schlagkräftiger als die in Libyen, wo der langjährige Machthaber Muammar Gaddafi im vergangenen Jahr mit Hilfe von NATO-Luftangriffen gestürzt wurde. Auch verfügt das Land mit dem Iran über einen mächtigen Verbündeten.

Russland halte es für verfrüht, derzeit neue Schritte im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen in Betracht zu ziehen, zitierte die russische Nachrichtenagentur Interfax den Vize-Außenminister Gennadi Gatilow. Ein Sprecher des chinesischen Außenministeriums wurde noch deutlicher: Sein Land lehne eine militärische Intervention ab. Russland und China können als ständige Mitglieder des Sicherheitsrats Beschlüsse grundsätzlich blockieren, im Fall von zwei Syrien-Resolutionen legten sie ihr Veto bereits ein.

Es empfehle sich, davon auszugehen, dass Russland von seiner bisherigen Linie nicht abrücken werde, sagte Putins Sprecher Dmitri Peskow in Moskau. Jeder Versuch, auf Moskau Druck auszuüben, sei kaum angemessen. Ein Sprecher der deutschen Bundesregierung hatte kurz zuvor gesagt, Merkel wolle Putin in Berlin drängen, "dass vor den UN die richtigen Entscheidungen gegenüber dem Assad-Regime getroffen werden".

Annan drängte unterdessen auf die Einhaltung seines Sechs-Punkte-Plans. Dieser sieht unter anderem ein Ende der Gewalt, den Abzug der Regierungstruppen aus den Städten und die Aufnahme eines politischen Dialogs vor. Bisher gilt der Plan als gescheitert, da die Schreckensmeldungen nicht abreißen.

So teilten UNO-Beobachter am Mittwoch mit, sie hätten im Osten Syriens 13 Leichen entdeckt. Die Opfer wurden offenbar regelrecht hingerichtet. Ihre Hände waren auf dem Rücken gefesselt, einigen wurde vermutlich aus nächster Nähe in den Kopf geschossen. Der norwegische Chef des Beobachtereinsatzes, Generalmajor Robert Mood, sprach von einem "schrecklichen und unverzeihlichen Akt". Schuldzuweisungen vermied er.

Bei dem Massaker an mindestens 108 Menschen in Houla sind sich hochrangige UNO-Vertreter dagegen inzwischen nahezu sicher, dass es von der Armee und den gefürchteten, Assad-treuen Shabbiha-Milizen verübt wurde. Unter den Toten waren vor allem Kinder und Frauen. Aus Protest wiesen zahlreiche Regierungen, darunter Berlin, Washington, London und Paris, den diplomatischen Spitzenvertretern Syriens die Tür. Am Mittwoch schloss sich die Türkei an, die lange einer der engsten Verbündeten ihres Nachbarn war.

Österreich verwies den syrischen Botschafter nicht des Landes - mit der Begründung, er sei nicht nur gegenüber der Republik Österreich, sondern auch bei den Vereinten Nationen in Wien akkreditiert. Zudem wolle man wegen der auf den syrischen Golan-Höhen stationierten österreichischen Blauhelme nicht alle Verbindungen zur Regierung in Damaskus kappen.

(APA)

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