Wahlkosten: Dichtung und Wahrheit

BP-WAHL: PLAKATE DER PR�SIDENTSCHAFTSKANDIDATEN - VAN DER BELLEN/KHOL/HOFER
BP-WAHL: PLAKATE DER PR�SIDENTSCHAFTSKANDIDATEN - VAN DER BELLEN/KHOL/HOFER(c) APA/HANS KLAUS TECHT (HANS KLAUS TECHT)
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Van der Bellen gibt angeblich am meisten aus. Das kann so aber nicht stimmen. Die Inseratenwerbung entwickelt sich zu einem Match zwischen SPÖ und FPÖ.

Wien. „Ich habe geglaubt, das ist ein Scherz.“ Lothar Lockl, Wahlkampfmanager von Alexander Van der Bellen, kann über die veröffentlichten Wahlkampfkosten der Konkurrenz nicht lachen: Ginge es nach den am Sonntag bekannt gegebenen Zahlen, würde sein Kandidat nämlich den teuersten Wahlkampf führen. Van der Bellen käme auf 2,3 Millionen Euro, gefolgt von FPÖ-Kandidat Norbert Hofer (1,9 Millionen) und den Koalitionskandidaten Rudolf Hundstorfer (SPÖ) und Andreas Khol (ÖVP) mit je 1,6 Millionen Die unabhängige Kandidatin Irmgard Griss muss mit 835.000 Euro das Auslangen finden.

Rot-blaues Match

Diese Zahlen sind nicht nur für Lockl unglaubwürdig. „Ich halte es für völlig ausgeschlossen, dass Rudolf Hundstorfer und Norbert Hofer weniger zur Verfügung haben als Van der Bellen“, sagt der Politikwissenschaftler Hubert Sickinger. Das ergebe sich schon aus der Beobachtung des Wahlkampfes: Bei den Plakaten dürfte der freiheitliche Kandidat am meisten präsent sein. Die Inseratenwerbung in den Printmedien entwickelt sich zu einem Match zwischen Hundstorfer und Hofer, die vor allem in den Boulevardzeitungen stark vertreten sind. Nach einer Zählung des Politaktivisten Rudolf Fussi hat Hundstorfer bis 17. April allein in „Österreich“, „Heute“ und der „Kronen Zeitung“ 31 Inserate zu einem Wert von 400.000 bis 500.000 Euro geschaltet. Hofer kommt in denselben Medien auf 17 Inserate, ÖVP-Kandidat Andreas Khol nur auf vier. Van der Bellen dagegen, der angeblich den teuersten Wahlkampf führen soll, hat nach Angaben seines Wahlkampfteams noch kein einziges Inserat geschaltet.

Bei Van der Bellen und Griss dürften die Angaben der Wahlkampfkosten realistisch sein, glaubt Sickinger. Van der Bellen hat auch die Sachspenden ausgewiesen. Die fallen beispielsweise an, wenn die Partei Mitarbeiter für den Wahlkampf zur Verfügung stellt. Bei der ÖVP vermutet er niedrigere Kosten als Folge der schlechten Umfragewerte: „Es könnte sein, dass man gar nicht mehr an den Erfolg des Kandidaten glaubt.“

Vieles noch nicht abgerechnet

Ein realistischeres Bild der Wahlkampfkosten wird es wohl erst geben, wenn die Kandidaten nach der Wahl ihre Kosten nochmals offenlegen müssen. Die ÖVP hat bereits angekündigt, dass der Betrag für Gesamtzuwendungen noch steigen werden, wenn alle Kampagnenmaßnahmen wie Inserate, Plakate und TV-Spots nach dem Wahltag von den Medienhäusern und Verlagen fakturiert sind. Dem Fairnessabkommen entsprechend werde man zwei Wochen nach der Wahl eine vollständige Liste der Geld- und Sachspenden veröffentlichen.

Auch die SPÖ kündigte bereits an, dass die Wahlkampfkosten noch steigen werden. So seien verschiedene Veranstaltungen, die von Landes- oder Bezirksorganisationen für Hundstorfer organisiert wurden, noch nicht abgerechnet und damit auch noch nicht aufgelistet.

Wie sinnvoll ist dann die Veröffentlichung der Spenden eine Woche vor der Wahl? Sickinger hält sie trotzdem für sinnvoll, allerdings müsse man die Spielregeln ändern: Erstens müsse es verpflichtend sein, alles zu veröffentlichen. Zweitens müsse es bessere Kontrollmöglichkeiten geben. Der Rechnungshof, der derzeit nur die Testate der Wirtschaftsprüfer kontrollieren darf, solle selbst Einschau in die Bücher erhalten. Und drittens plädiert Sickinger für Sanktionsmöglichkeiten: Bei vorsätzlichen Verstößen gegen das Gesetz müsse es auch strafrechtliche Konsequenzen geben.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 19.04.2016)

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