Ein Brief an ... Norbert Hofer

(c) Stanislav Jenis
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"Presse"-Chefredakteur Rainer Nowak stellte den Hofburg-Anwärtern in einem Brief Fragen zu wichtigen Themen für Österreich. Hier die Antworten des FPÖ-Kandidaten.

Sehr geehrter Herr Ing. Hofer,
Sehr geehrter Herr Prof. Van der Bellen,

nach dem ersten Wahlgang sind viele Österreicher unentschlossen, wem sie am 22. Mai ihre Stimme geben sollen. Auch unter unseren Lesern sind viele ratlos und erwarten sich Orientierung durch die „Presse“. Ich erlaube mir, Ihnen einige Fragen zu stellen, die Sie bitte in den nächsten Tagen beantworten möchten. Wir werden Ihre Antworten in der „Presse“ am Wochenende der Entscheidung über den nächsten Bundespräsidenten abdrucken.

Obwohl gerade vor einem Urnengang klare Festlegungen häufig vermieden werden, um keine potenziellen Wähler vor den Kopf zu stoßen, würde ich Sie um ganz konkrete und klare Antworten bitten -  so es möglich ist, auch mit einem einfachen Ja oder Nein. Speziell geht es in den Fragen um jene Meinungen und Positionen, die in möglichem Widerspruch zur bedingungslos liberalen, rechtsstaatlichen, wirtschafts- und  europafreundlichen Blattlinie dieser Zeitung stehen. Mir ist klar, dass Sie dieser Tage voll im Wahlkampfeinsatz sind, aber nehmen Sie sich bitte Zeit für die Beantwortung:

Mit herzlichem Dank und liebem Gruß,
Rainer Nowak


Sind Sie für einen Austritt Österreichs aus der EU unter den aktuellen Bedingungen (also nicht beispielsweise angesichts eines möglichen Beitritts der Türkei)?

Norbert Hofer: Nein. Aber wenn die EU sich in Richtung eines Zentralstaats mit einer Entmachtung der Mitgliedstaaten entwickeln würde, wäre eine Volksabstimmung in Österreich verfassungsrechtlich zwingend erforderlich.

Im Nationalrat hat die FPÖ im Jänner einen Antrag für eine (nicht verbindliche) Volksbefragung über den EU-Austritt gestellt. Würden Sie nach einem Nein der Briten zur EU-Mitgliedschaft im Juni in der Folge auch in Österreich eine Abstimmung über die EU-Mitgliedschaft befürworten?

Nein. Die Entscheidung der Briten ist jedenfalls zu akzeptieren. Ich würde es aber befürworten, wenn Großbritannien Mitglied der EU bliebe und die ausgehandelten Sonderrechte auf für Österreich gelten würden.

Würden Sie heute immer noch gegen einen EU-Beitritt stimmen?

Wenn Österreich heute nicht Mitglied der EU wäre, hätten wir zweifellos auf bilateraler Ebene ähnliche Verträge mit der EU ausgehandelt wie die Schweiz. Unter diesen Voraussetzungen würde ich wohl nicht für einen Beitritt stimmen.

Soll der Euro beibehalten werden?

Ja. Allerdings könnte es in Zukunft eine weiche und eine harte Währung in der EU geben.

Die FPÖ hat sich gegen eine Hilfe an Griechenland in Form von Krediten und Garantien ausgesprochen. Würden Sie künftig eine solche Hilfe als Bundespräsident verweigern, selbst wenn damit ein möglicher Zusammenbruch der gemeinsamen Währung Euro riskiert würde?

Die bisherige Griechenland-Hilfe ist primär Banken zugutegekommen und nicht bei den Menschen selbst angekommen. Hier müssen die Mittel intelligenter eingesetzt werden. Eine weitere Bankenhilfe auf Kosten heimischer Steuerzahler und unter Ausblendung der Not der Menschen in Griechenland würde ich nicht unterstützen.

Formulieren Sie bitte so konkret wie möglich, unter welchen Voraussetzungen Sie die Bundesregierung entlassen würden.

Eine Entlassung der Bundesregierung steht dann im Raum, wenn diese nachhaltig zum Schaden Österreichs entscheidet sowie Recht und Verfassung bricht. Vorher werde ich allerdings alles daransetzen, um diesen Schritt zu vermeiden.

Schließen Sie dezidiert aus, als Bundespräsident eine Bundesregierung mit dem Ziel zu ernennen, Ihnen die Auflösung des Nationalrats vorzuschlagen?

Ja.

Würden Sie ein Gesetz beurkunden, das verfassungskonform zustande gekommen ist, das Sie aber moralisch/ethisch für falsch halten?

Ja. Ich würde aber mit der Regierung darüber sprechen und versuchen, sie zur Änderung zu bewegen.

Wären Sie für eine verfassungsrechtliche Konkretisierung und eventuell auch für eine Beschneidung der Kompetenzen des Bundespräsidenten?

Nein, das war auch bisher nicht notwendig.

Ist Österreich für Sie eine Nation so wie Deutschland eine ist?

Selbstverständlich.

Können Sie den Satz unterschreiben: Im Holocaust waren viele Österreicher unter den Tätern. Dass Österreich und Österreicher nur Opfer des NS-Regimes waren, ist nicht haltbar.

Ja, aus tiefer Überzeugung.

Leben in Österreich insgesamt bereits zu viele Ausländer oder Österreicher mit Migrationshintergrund?

Ja. Daher ist es jetzt unsere Aufgabe, Integration zu fördern und Integrationsverweigerung zu verhindern. Bei weiterer Zuwanderung ist auf die Möglichkeiten des Arbeitsmarktes Rücksicht zu nehmen.

Schließen Sie aus, dass Österreich während Ihrer Amtszeit als Bundespräsident der EU austritt?

Sollte es – was unwahrscheinlich ist – während meiner Amtszeit zu einem Beitritt der Türkei zur Europäischen Union kommen, müssten die Österreicher darüber entscheiden, ob sie noch Mitglied in der EU sein wollen.

Bekennen Sie sich bedingungslos zur österreichischen Nation?

Ja. Und ich würde mich sehr freuen, wenn es gelingt, in Österreich wieder ein stärkeres Gemeinschaftsgefühl zu entwickeln.

Gehören auch Staatsbürger, die aus einem nicht deutschsprachigen Kulturraum stammen, dieser österreichischen Nation an?

Alle Staatsbürger, die tief im Herzen Österreicher sind, sind Teil unserer Nation.

>>> Zu den Antworten von Alexander Van der Bellen

("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.04.2016)

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