Nächstes FPÖ-Ziel: Ballhausplatz

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Die knappe Wahlniederlage von Norbert Hofer kann man auch als Sieg für die FPÖ sehen. Die Partei hat ohnehin ein anderes Ziel vor Augen. Strache will Kanzler werden. Eines seiner Probleme ist Wien.

Wien. Norbert Hofer und die Hofburg – dazwischen liegen 31.026 Stimmen. Oder, mit den Worten von FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache, „nur ein Millimeter“. Beides im übertragenen Sinn, versteht sich. Denn für den ersten Auftritt nach Bekanntgabe des Wahlergebnisses wählten die Freiheitlichen Hofers alten und neuen Arbeitsplatz aus: das Parlament. Immerhin bleibt er auch nach der Wahl Dritter Nationalratspräsident.

So ganz wollte man sich am Dienstag die Niederlage bei der Bundespräsidentschaftswahl aber nicht eingestehen. „Wir haben einen Ex-aequo-Sieger“, meinte Strache. „Hofer ist und bleibt der Bundespräsident der Herzen.“ Schließlich hätte beinahe jeder zweite Wähler die Stimme seinem Kandidaten gegeben. „Der Plafond für die freiheitliche Unterstützung liegt bei 50 Prozent.“

Hofer gibt sich in gewohnter Manier etwas devoter: „Der Tag, an dem Sie in Ihr Tagebuch schreiben: ,Ich bin nicht Präsident geworden‘, ist natürlich kein erfreulicher.“ Dennoch sei er dankbar und froh, nach all den Zweifeln doch noch angetreten zu sein. Es hätte die Stärke der FPÖ gezeigt.

In einem Punkt muss man Parteichef Strache recht geben: Der Ausgang der Hofburg-Wahl ist für Strache nicht unbedingt eine Niederlage. Das höchste Amt im Staat innezuhaben war für die FPÖ – vor allem für ihren Parteichef – ohnehin nie das primäre Ziel. Straches Fokus liegt vielmehr einige Meter weiter. Auf dem Ballhausplatz. Nicht umsonst bezeichnet er sich seit Jahren als „Kanzler der Herzen“.

Der richtige Kanzler, Christian Kern, könnte Strache und der Proteststimmung im Land zwar einen Strich durch die Rechnung machen. Doch die Chancen für die FPÖ stehen allgemein durchaus gut. Nicht, dass jeder Wähler von Norbert Hofer gleichzeitig ein FPÖ-Wähler bei der Nationalratswahl wäre. Aber die Partei hat neben Strache eine zweite Personalreserve, die in der Bevölkerung bekannt ist. Wer in die Regierung ziehen will, braucht auch potenzielle Minister. Für Strache eine Win-win-Situation: Hofer ist mit seiner sanften Art breitenwirksamer als der angriffige Parteichef und strahlt zum Teil auch über das Lager der typischen Wählerschichten hinaus.

Hofer bereut Wahlkampfsager

Gleichzeitig ist er (noch) zu loyal, um Strache gefährlich zu werden. „Ich werde bei der nächsten Nationalratswahl auf einem Listenplatz hinter Heinz-Christian Strache kandidieren und für einen Erfolg kämpfen“, kündigte er am Dienstag an. Das Spiel „Good Cop, Bad Cop“ geht in die zweite Runde.

Die Freiheitlichen wollen auch ihr Image aufpolieren. National und international. Hofer startete dafür einen Appell an die Medien: „Die FPÖ ist keine rechtsextreme Partei. Wäre sie es, hätte sie nur zwei Prozent erreicht. Größer ist der Narrenanteil in Österreich nicht“, merkte Hofer am Dienstag an. Und im Übrigen: Den Sager „Sie werden sich noch wundern, was alles gehen wird“ würde er mittlerweile bereuen.

Bei all der Euphorie muss die FPÖ aber (auf Nachfrage) zugeben: Auch sie hat noch einige Baustellen offen. Und diese liegen vor allem im urbanen Raum, wo die Partei vergleichsweise wenig punkten konnte. Vor allem in Wien, wo Strache immerhin auch Landesparteichef ist, schnitt Hofer mit 36,7 Prozent schlecht ab. Die Bundeshauptstadt macht einen großen Teil der Wähler aus. Strache will sich in Zukunft auch darauf konzentrieren. Kein Wunder, der Ballhausplatz liegt ja in Wien. Auch im übertragenen Sinn.

Auf einen Blick

Norbert Hofer landete bei der Bundespräsidentschaftswahl am 22. Mai auf dem zweiten Platz. Allerdings nur knapp: 31.026 Stimmen trennten den FPÖ-Kandidaten vom grünen Alexander Van der Bellen. Mit 50,3 Prozent der Stimmen ist er nun Österreichs nächster Bundespräsident. Hofer trat gestern, Dienstag, nach Bekanntgabe des Ergebnisses erstmals öffentlich auf. Er bemühte sich, das Ergebnis nicht als Niederlage zu verstehen. Und auch, an einem neuen Image der Freiheitlichen zu arbeiten: „Die FPÖ ist keine rechtsextreme Partei. Wäre sie es, hätte sie nur zwei Prozent erreicht. Größer ist der Narrenanteil in Österreich nicht.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 25.05.2016)

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