Hofburg-Wahl steht vor Verschiebung

Van der Bellen und Hofer vor der Neuauflage der Neuauflage
Van der Bellen und Hofer vor der Neuauflage der Neuauflage APA/ROLAND SCHLAGER
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Laut Informationen der "Presse" verdichten sich die Anzeichen, dass der Urnengang verschoben wird. Mögliche Termine sind demnach der 13., 20. oder 27. November. Innenminister Sobotka will am Montag Auskunft geben.

Innenminister Wolfgang Sobotka (ÖVP) lässt nun doch eine Verschiebung der Bundespräsidentenwahl prüfen. Außerdem hat das Innenministerium eine Prüfung der Wahlkarten durch das Bundeskriminalamt in Auftrag gegeben. Ein externes Institut wurde mit der Suche nach den Ursachen des "Klebefehlers" beauftragt.

"Wenn eine ordnungsgemäße Durchführung der Wahl auf Grund eines augenscheinlichen Produktionsfehlers nicht möglich ist, dann ist es meine Aufgabe als oberster Leiter der Wahlbehörde eine Verschiebung umgehend zu prüfen", sagte Sobotka am Freitag. "Für die technischen Unzulänglichkeiten kann ich mich bei der österreichischen Bevölkerung nur entschuldigen", erklärte der Minister. Er will am Montag um 11 Uhr eine Pressekonferenz abhalten.

Allerdings könnte es möglicherweise schneller gehen: Laut Informationen der "Presse" verdichten sich die Anzeichen, dass der Urnengang tatsächlich verschoben wird. Denkbar wäre demnach eine Stichwahl am 13., 20. oder 27. November. Die Präsidiale des Nationalrats hat sich am Freitag bereits für eine mögliche Verschiebung festgelegt. Sollten gesetzliche Grundlagen nötig sein, werde man diese bei der Sondersitzung am Dienstag einleiten, hieß es aus dem Büro von Nationalratspräsidentin Doris Bures (SPÖ). Vom Nationalrat beschlossen werden könnten sie am 21. September.

Der Schritt kommt durchaus überraschend: Noch am Donnerstag hatte es im Innenministerium geheißen, es gebe keine rechtliche Handhabe für die Verschiebung. Nun soll offenbar eine Änderung der Verordnung, mit der der Wahltermin festgelegt wurde, durch Regierung und Hauptausschuss geprüft werden. Diesen Schritt hatte Verfassungsrechtler Heinz Mayer erst gestern gegenüber der "Presse" angeregt. Und auch der von den Grünen unterstützte Präsidentschaftskandidat Alexander Van der Bellen hatte Donnerstagabend im ORF eine "offene" Information über die Pannenserie gefordert.

Chronologie seit der für ungültig erklärten Stichwahl am 22. Mai
Chronologie seit der für ungültig erklärten Stichwahl am 22. MaiAPA

Die SPÖ ist für eine Verschiebung offen. "Eine Verschiebung ist natürlich das letzte Mittel, gar keine Frage. Aber wenn das notwendig ist, muss man auch darüber diskutieren und das prüfen", sagte Bundeskanzler Christian Kern am Freitag im Ö1-"Mittagsjournal". Kern betonte, "dass jeder Österreicher die Möglichkeit haben muss, sein Wahlrecht auszuüben" und dass die Variante Augen zu und durch nicht zur Verfügung stehe. Sollte ein Austausch der defekten Wahlkarten realistisch nicht funktionieren, dann müsse man über eine Gesetzesänderung und Verschiebung diskutieren.

Auch Grünen-Klubobfrau Eva Glawischnig und die Neos plädieren für einen neuen Wahltermin. FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache verlangte via Facebook hingegen die Abschaffung der Briefwahl. Der freiheitliche Präsidentschaftskandidat Norbert Hofer forderte indes, bei der Wahl-Wiederholung die Briefwahl wegzulassen. Das Team Stronach hält hingegen am 2. Oktober fest.

Aus "gültig" wird zeitverzögert "ungültig"

Grund für die Forderung nach Information (und teilweise nach Verschiebung) sind zahlreiche schadhafte Wahlkarten, die in den vergangenen Tagen aufgetaucht sind. Wie die "Presse" berichtet hat, löst sich der Kleber bei den Wahlkuverts, was die darin enthaltene Stimme ungültig macht - schließlich kann so nicht gewährleistet werden, dass die Stimme nicht vertauscht wurde. Zuletzt trat dieser Fehler auch zeitverzögert auf - also nachdem die Wahlkarte bereits ausgefüllt wurde. Die betroffenen Wähler haben damit keine Möglichkeit mehr, für der Wiederholung der Bundespräsidentenwahl eine gültige Stimme abzugeben.

>>> Soll die Bundespräsidentenwahl verschoben werden?

Noch nicht verloren ist hingegen die Stimme von Gerhard Schöbel aus Wien-Brigittenau. Er hatte am Donnerstag seine Wahlkarte samt Kuvert erhalten und sogleich geprüft, wie er der "Presse" mitteilte. "Ich habe die Wahlkarte aus dem Briefwahlkuvert herausgenommen und dabei einen Spalt im Kuvert, genauer an einer Längsseite, entdeckt", schildert er. Als er das seiner Frau zeigen wollte, "trat der berühmte Vorführeffekt auf, sprich der Spalt hat sich wieder verschlossen". Bei genauerer Prüfung öffnete sich der Spalt abermals, mittlerweile reicht er fast über die ganze Länge des Kuverts, wie ein Foto zeigt (siehe unten).

Briefwahlkuvert von Gerhard Schöbel
Briefwahlkuvert von Gerhard Schöbel(c) privat

Schöbels Theorie: "Die Klebestreifen sind offensichtlich unterschiedlich breit - einmal circa ein Zentimeter, einmal 0,4 Zentimeter. Auch spürt man beim Abtasten der Klebeflächen, dass der Kleber nicht trocken ist, die Kuvertseiten also auf- und zugezogen werden können." Schöbel wird nun eine neue Wahlkarte anfordern und abwarten, ob er nicht doch direkt im Wahllokal abstimmen wird.

Die verantwortliche Druckerei wurde vom Innenministerium unterdessen aufgefordert, bis heute, Freitag, Klarheit über die Ursache des Produktionsfehlers zu liefern. Auf Anfrage wollte die Firma kbprintcom.at dazu vorab nichts sagen. Nur so viel: "Wir sind Lieferant der Wahlkarten und Auftragnehmer des Innenministeriums." Letzteres hatte sich am Donnerstag noch eher ratlos gezeigt. Die Zeitverzögerung sei ein "neues Phänomen", hieß es aus dem Ressort von Minister Sobotka. "Dafür hat auch der Gesetzgeber nichts vorgesehen, weil man damit nicht gerechnet hat."

Keine Verschiebung in Wien

In Wien, wo in der Leopoldstadt am 18. September die Bezirksvertretung neu gewählt wird und bei den Wahlkarten die gleichen Probleme aufgetreten sind, wird die Wahl nicht verschoben. Das teilte MA 62-Chefin Christine Bachofner am Freitag mit. Um jedermanns Wahlrecht zu garantieren, tauscht man nun auch bereits unterschriebene Wahlkarten mit Klebefehlern aus. Mehr ...

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Gesetzliche Regelung

Im Bundespräsidentenwahlgesetz ist die Verschiebung der Stichwahl nicht vorgesehen. Explizit geregelt ist lediglich die Verschiebung des ersten Wahlganges - und auch das nur für den Fall, dass ein Kandidat vor dem Wahltermin stirbt. In diesem Fall kann die Wahl um sechs bis zehn Wochen verschoben werden. Bezogen auf den aktuellen Wahltermin am 2. Oktober wäre das also zwischen 13. November und 11. Dezember.

(no/hell/APA)

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