Präsidentenwahl erst rund um Weihnachten?

BP-WAHL: HOFBURG - VAN DER BELLEN / HOFER
BP-WAHL: HOFBURG - VAN DER BELLEN / HOFER(c) APA/HARALD SCHNEIDER
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Die Zeichen stehen darauf, dass der Urnengang verschoben wird. Zu groß sind die Probleme mit den Wahlkarten. Bevor die Wahl abgehalten wird, könnte es nun aber auch eine größere Reform geben.

Wien. Eigentlich hätte am Freitag der Wahlkampfauftakt von Alexander Van der Bellen stattfinden sollen. Eigentlich. Denn der frühere Grünen-Obmann sagte die Veranstaltung ab. Zu unsicher ist es nach den Problemen rund um schlecht klebende Wahlkarten geworden, dass der Urnengang überhaupt wie geplant am 2. Oktober stattfinden kann.

Und tatsächlich rauchen momentan die Köpfe der verantwortlichen Politiker und Juristen. Haben Beamte des Innenministeriums zuletzt noch betont, dass eine Verlegung der Hofburg-Wahl gesetzlich nicht möglich ist, hat Innenminister Wolfgang Sobotka am Freitag erklärt, eine Wahlverschiebung doch zu prüfen. Und tatsächlich stehen die Zeichen nun, wie „Die Presse“ erfährt, ganz darauf, dass der Urnengang verschoben wird. Als mögliche neue Termine sind der 13., 20. oder 27. November im Gespräch. Aber selbst ein Wahltermin Mitte Dezember oder gar erst zu Beginn nächsten Jahres wurde am Freitag in Regierungskreisen kolportiert.

Bloß, wie löst man das Schlamassel rechtlich auf? Der jetzige Wahltermin 2. Oktober ist per Verordnung der Bundesregierung kundgemacht worden. So hat es der Verfassungsgerichtshof verlangt, als er den Wahlgang vom 22. Mai für ungültig erklärt hat. Ob man nun einfach mit einer neuen Verordnung den Wahltermin ändern kann, ist unter Juristen sehr umstritten, zumal das Gesetz keinerlei Möglichkeit der Wahlverschiebung vorsieht. Auf der sicheren Seite wäre man also, wenn man das Bundespräsidentenwahlgesetz änderte und darin die Möglichkeit schaffte, Wahlen wegen besonderer Vorkommnisse zu verschieben. Doch die Zeit drängt.

Vorarbeiten im Parlament für Gesetz

Gerade deswegen stellt man sich im Parlament schon auf dieses Szenario ein. Bereits am Freitag legte die Präsidiale des Nationalrats den Fahrplan fest. Sollten Gesetzesänderungen nötig sein, werde man diese bei der Sondersitzung am kommenden Dienstag einleiten, hieß es aus dem Büro von Nationalratspräsidentin Doris Bures. Beschlossen werden könnte das Gesetz in einer Nationalratssitzung am 21. September. Der Bundesrat müsste dann wohl extra eine Sitzung einschieben, um dem Gesetz ebenfalls noch rechtzeitig seinen Sanktus zu geben.

Verschiebt man die Wahl, ist wieder eine längere Vorlaufzeit nötig. Neue Wahlkarten und neu datierte Stimmzettel müssten gedruckt werden, die Bürger die Wahlkarten neu ordern, und bei Auslandsösterreichern kann es schon einmal mehrere Wochen dauern, bis die Wahlkarte den Weg hin und zurück über den Globus geschafft hat.

Neue Wahlberechtigte zulassen?

Überlegt wurde in Koalitionskreisen am Freitag auch, vor der Abhaltung der Hofburg-Wahl nun ein größeres Wahlrechtspaket zu beschließen. Sodass bei der Wahl auch jene mitwählen können, die in der Zwischenzeit das gesetzliche Wahlalter von 16 Jahren erreicht haben. Nach momentaner Rechtslage dürfen bei der Wahlwiederholung nur jene Personen votieren, die auch für die Urnengänge im Frühjahr wahlberechtigt waren. Gleichzeitig befinden sich momentan noch jene, die seit der Wahl im Frühling verstorben sind, in den Wahllisten. Und durch die weitere Verschiebung (jede Woche sterben 1600 Leute, die in der Wählerevidenz stehen) würde ohne Beteiligung neuer Jungwähler die Zahl der Wahlberechtigten merklich sinken. Aber gerade wenn die größere Reform noch vor der Wahl in Kraft treten soll, könnte der Urnengang wegen der neuen Liste der Wahlberechtigten erst etwas später (im Dezember oder Jänner) stattfinden.

>>> Soll die Hofburg-Wahl verschoben werden?

Das Problem, vor dem Innenminister Sobotka steht, ist jedenfalls kein kleines: Hält er die Wahl ab, obwohl mehrere Stimmen wegen undichter Wahlkarten verloren gehen, könnte dies einen weiteren Wahlaufhebungsgrund bilden. Und genau das will man im Innenministerium vermeiden. Umgekehrt müsste aber auch eine Wahlverschiebung rechtlich gut abgesichert sein, damit bei dieser keine Anfechtung droht.

Den Verfassungsgerichtshof kann man nicht vorab befragen, ob man die Wahl verschieben soll. „In der Konstruktion der Verfassungsgerichtsbarkeit ist nicht vorgesehen, dass der VfGH bereits vor der Wahl Rechtsgutachten abgeben kann“, betont VfGH-Sprecher Christian Neuwirth auf Anfrage der „Presse“. Dabei hat der frühere VfGH-Präsident Karl Korinek schon im Jahr 2006 angeregt, dass man eine Möglichkeit für das Gericht schaffen sollte, bereits vor Wahlen strittige Dinge zu entscheiden.

Damals war es im Vorfeld der Nationalratswahl zu Streitigkeiten zwischen der FPÖ und dem BZÖ um Listenplätze und Namensbezeichnungen gekommen. Der damalige Kanzler, Wolfgang Schüssel, erklärte, Korineks Idee aufgreifen zu wollen. Verwirklicht wurde dieses Gesetzesvorhaben aber schließlich nicht. Für die Wahlwerber hat die Verschiebung jedenfalls einen negativen Aspekt: Denn es gibt bei Bundespräsidentschaftswahlen nie eine Wahlkampfkostenrückerstattung. Und ein dritter Wahlkampf kostet erneut Geld. Nicht umsonst stoppte das Team von Alexander Van der Bellen nun alle Aktivitäten. Norbert Hofer hingegen will zumindest vorläufig weitermachen wie geplant: Am Samstag eröffnet er zusammen mit FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache seinen Wahlkampf im Rahmen der Welser Messe.

Er geht jedoch von einer Verschiebung der Wahl aus: „Offenbar muss die Präsidentschaftwahl ein weiteres Mal auch verschoben werden", sagte Hofer am Freitagnachmittag in einem Facebook-Video. Ob Hofer sich bei der Aussage zur Terminverschiebung auf konkrete ihm vorliegende Infos stützt oder es sich lediglich um eine Annahme von ihm handelt, ist nicht bekannt. Laut Innenministerium gibt es keine neuen Informationen. Ein Wahlkampf, der noch viele Monate dauern könnte. Am Montag will Innenminister Sobotka bekannt geben, ob die Wahl verschoben wird.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.09.2016)


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