Wahltag abgesagt: Therme und Familie statt Medientrubel

BP-WAHL ATV - DISKUSSION 'MEINE WAHL - DAS DUELL': HOFER / VAN DER BELLEN
BP-WAHL ATV - DISKUSSION 'MEINE WAHL - DAS DUELL': HOFER / VAN DER BELLENAPA/HANS PUNZ
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Die Hofburg-Stichwahl hätte heute, Sonntag, stattfinden sollen. Der neue Wahltermin am 4. Dezember bringt mehr Kosten für die Teams, weniger Motivation bei den Wählern und sanfte Kandidaten.

Der zweite Oktober, also. Dieses Datum hätte eigentlich jede Menge Trubel bedeuten sollen. Eine Ansammlung von Kameras, Journalisten, Fotografen. Ein kurzes Luftanhalten vor den ersten Hochrechnungen. Und vor allem: zwei Wahlpartys. Eine wahrscheinlich etwas ausgelassener als die andere.

Ein typischer Wahltag, eben.

Am Ende wurde es dann doch ein gewöhnlicher Sonntag. Auch für die Kandidaten, die sich am heutigen Tag der Wahl zum Bundespräsidenten hätten stellen sollen: Alexander Van der Bellen und Norbert Hofer legten heute eine kurze Pause ein. Der eine in Oberösterreich mit der Familie. Der andere in einer ungarischen Therme.


Verlängerung. Die Entscheidung dafür fiel, in einem ersten Schritt, am 12. September. Innenminister Wolfgang Sobotka trat vor die Presse, als Beweisstück ein defektes Wahlkuvert in der Hand, und verkündete, was viele geahnt – oder befürchtet – hatten: Die Bundespräsidentenwahl soll verschoben werden. Das Parlament fixierte (ohne die Stimmen von FPÖ und Team Stronach) den 4. Dezember als neuen Termin.

Und jetzt? Was bedeutet diese Verschiebung für die Wähler, die Kandidaten und ihre Teams – außer zwei zusätzlichen Monaten Wahlkampf?

Zu allererst: mehr Kosten. Und zwar viel mehr Kosten. Zumindest für das Team von Van der Bellen: „Das ist für uns ein großer Nachteil – und eine riesige Herausforderung“, sagt Kampagnenleiter Lothar Lockl. Denn eigentlich sei die Motivation in der Bevölkerung, für den Wahlkampf zu spenden, durchaus hoch gewesen. Mehr als eine Million Euro seien gesammelt worden. Das Problem: Drei Viertel davon seien bereits für Veranstaltungen, Plakate, Materialien und Social-Media-Aktionen ausgegeben worden. Und zwar für den 2. Oktober. Jetzt brauche man wieder rund 1,5 Millionen Euro an Spenden, meint Lockl. „Wir hoffen, dass sich ein Jetzt-erst-recht-Gefühl ausbreitet.“


Neustart. Die Freiheitlichen klagen hingegen weniger über Geldnöte. „Wir werden ein Haucherl mehr ausgeben, aber es wird ungefähr bei zwei Millionen bleiben“, sagt Martin Glier, Pressesprecher Norbert Hofers. Auf Plakaten ist ohnehin nicht das Datum 2. Oktober – anders als bei Van der Bellen – gedruckt. „Möglicherweise planen wir eine neue Plakatwelle, sicher sind wir uns aber nicht.“ Den Intensivwahlkampf starten will man erst Anfang November. Dann soll es großteils Medientermine geben, nebenbei will Hofer – wie auch im Sommer – einige Feste besuchen. Aber nicht veranstalten.

Auch die Motivation wird wohl ein Problem sein. Nicht nur bei den Kandidaten, die mittlerweile seit Jänner erklären müssen, warum sie den Präsidentenjob am besten ausüben könnten. Sondern auch bei den Wahlhelfern: Schließlich ist Flyer zu verteilen an den letzten, sonnigen Herbsttagen um einiges angenehmer als Ende November. Aber – und das wird die größte Herausforderung – vor allem die Wähler gilt es zu mobilisieren. „Die große Unbekannte ist die Wahlbeteiligung“, sagt Lockl. Das Rennen sei neu eröffnet, „die Karten neu gemischt“. Ähnlich sieht man es im Büro von Norbert Hofer: „Durch die Verschiebung sind die Leute noch mehr angefressen. Das wird sich negativ auf die Wahlbeteiligung auswirken.“ Dass die Sympathisanten eines Kandidaten eher zu Hause bleiben, glaubt Glier aber nicht.

Und auch in einem weiteren Punkt sind sich beide Seiten einig: Der Wahlkampf wird, was den Tonfall der beiden Kandidaten angeht, mild. Noch milder. Einerseits wohl, um die Wähler nicht zu verschrecken. Nicht umsonst hat Hofer im Nachhinein seinen „Sie werden sich noch wundern“-Sager als Fehler bezeichnet. Er habe die Menschen verunsichert. Andererseits ist der Wahltag gleichzeitig der zweite Adventsonntag. Inklusive Trubel, Hochrechnungen – und Wahlpartys.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 02.10.2016)

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