"Nicht verboten, Hymne zu singen, wie man sie gesungen hat"

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Der Bundespräsidentschaftskandidat der FPÖ rechnet nicht damit, dass die Idee seines Parteichefs Strache, die Ämter von Staatsoberhaupt und Bundeskanzler zusammenzulegen, in den nächsten Jahren verwirklicht wird.

Die Presse: Wir haben einen ziemlich grausigen Wahlkampf hinter uns. Tut Ihnen etwas leid?

Norbert Hofer: Es gab einen schwerwiegenden Fehler: den Satz „Sie werden sich noch wundern, was alles möglich ist“. Ich habe das nicht negativ gemeint, aber es ist sehr negativ angekommen. Ich würde heute sagen, „Sie werden sich freuen, wenn ich mich einsetze“.


Die Aussage hat Ihnen geschadet. Gab es Verletzendes anderen gegenüber?

Die Aussage in Bezug auf Van der Bellen, er sei ein „faschistischer Diktator“, war leicht überzogen. Ich hätte sagen müssen, es hat „autoritäre Züge“, wenn man sagt, man gelobt eine Person nicht an. Aber man kann in zehn Monaten nicht alles fehlerfrei machen.

Sie haben immer wieder versucht, den Gegenkandidaten als alt und vergesslich darzustellen. Schwer zu glauben, dass Sie das nicht absichtlich gemacht haben.

Ich habe meinen Mitbewerber immer wieder auf eine Aussage hingewiesen, und er hat behauptet, das gar nicht gesagt zu haben. Ich glaube gar nicht, dass es Vergesslichkeit ist, sondern eine gewisse Flexibilität im Rahmen des Wahlkampfes.

Bei vielen Themen sagen Sie nicht die ganze Wahrheit, wie uns scheint. Sie haben uns gegenüber als Grund für Ihren Austritt aus der katholischen Kirche genannt, dass Frauen nicht Priester werden dürfen. 2009 hatten Sie einen anderen Grund genannt, da war von einer „Hexenjagd gegen die FPÖ“ die Rede, von „impotenten Inquisitoren“, die Hunderttausende als Hexen verbrannten.

Ein wesentlicher Faktor war, dass in der evangelischen Kirche einige Dinge anders sind. Wir haben Frauen, die auch Priester sein können, wir haben bei der Frage der Beichte nicht das Vieraugengespräch, sondern es gibt in der Messe die Möglichkeit, sich für die Dinge zu entschuldigen, die vielleicht nicht in Ordnung waren. Das schätze ich sehr.

Ihre Schilderung des Attentats auf dem Tempelberg war – sagen wir so – sehr plastisch.

Es war genau so, wie ich es erzählt habe.


Sie haben suggeriert, es hätte sich um einen muslimischen Anschlag gehandelt. Das war es aber nicht.

Uns ist gesagt worden, es ist ein muslimisches Attentat.


In Ihrer Haltung zur EU stellen wir einen Schlingerkurs fest. Im Jänner beantragte die FPÖ eine Volksbefragung zum Austritt, im Juni haben Sie Frau Le Pen und eine Gruppe europäischer Parteien eingeladen, die auf die Zerstörung der EU hinarbeiten, dann begrüßten Sie den Brexit, und erst als sich gezeigt hat, dass das nicht sehr populär ist, haben Sie es zurückgenommen. Jetzt wollen Sie die EU verbessern. Wie lange bleibt das jetzt so?

Ich habe den Brexit nie begrüßt. Ich habe gesagt, ich gehe davon aus, dass es innerhalb der EU aufgrund des Brexit neue Verträge geben wird. Bisher sind keine Bestrebungen da, neue Verträge zu schließen.


Der Brexit ist auch noch nicht da.

Er ist noch nicht da, aber ich glaube, es wäre notwendig zu überlegen, wie können wir die Union besser organisieren. Ich bin überzeugt, dass das Projekt EU noch nicht verloren ist: Mit einer subsidiären Union können wir durchaus in eine positive Zukunft gehen.


2007, als Umweltsprecher der FPÖ, haben Sie geschrieben, um Freiheit zu gewinnen, müssten wir „die Ketten der Welthandelsorganisation WTO abschütteln“, und um aus der WTO austreten zu können, „müssen wir aus der EU austreten“.

Wir müssen auch manchmal Entwicklungen aufzeigen, die uns nicht gefallen, und dann muss man die Rote Karte zeigen. Es gilt trotzdem das Parteiprogramm der FPÖ, und da steht drinnen, wir sind für europäische Integration, aber gegen einen Zentralstaat EU.

Die Idee einer Europäischen Armee haben Sie zunächst begrüßt, am nächsten Tag dann abgelehnt. Wie sehen Sie es heute?

Eine Europäische Armee muss eine Verzahnung der Armeen der Mitgliedstaaten sein, kein amorphes Heer unter einem Zentralkommando.

Sie haben eine Parallele zwischen Donald Trump und sich gezogen: Sie beide seien „authentisch“. Wären Sie so „authentisch“ wie Trump, würden Sie nicht sagen, ich trage die Kornblume, weil Blau schön ist, sondern weil ich Deutschnationaler bin, und eigentlich bin ich für den Austritt aus der EU, weil mir der Nationalstaat wichtiger ist.

Das ist ja unwahr.


Sie tragen die Kornblume, weil Blau eine schöne Farbe ist?

Die Blume hat es schon gegeben, bevor es die illegalen Nazis gegeben hat, aber ich bin es wirklich satt, dass wir das bei jeder Wahl erklären müssen. Ich wäre eigentlich dafür, dass man es bleiben lässt und habe das meiner Partei vorgeschlagen.


Sie plakatieren „Macht braucht Kontrolle“. Wenn Umfragen nicht trügen, wird Herr Strache Bundeskanzler, dann spricht Ihr Plakat gegen Sie als Präsidenten.

Wer weiß schon, wie die nächste Wahl ausgeht? Es ist sehr wahrscheinlich und möglich, dass es eine Koalition aus SPÖ, ÖVP und Grünen geben wird.


Sie waren als Dritter Nationalratspräsident einer von drei interimistischen Bundespräsidenten. Mancher sagt, das genüge.

Auf Dauer nicht. Doris Bures sagt, man kann sich nicht gleichzeitig ums Parlament und andere Angelegenheiten kümmern.

Was halten Sie von der Idee Heinz-Christian Straches, die Ämter des Präsidenten und des Bundeskanzlers zu fusionieren, vor allem jetzt, da er hofft, Kanzler zu werden?

Die Frage ist, wer ist zuerst da (lacht)? Nein, im Ernst. So etwas kann man nur im Rahmen einer großen Bundesstaatsreform angehen und nicht ohne Volksabstimmung. Ich glaube nicht, dass es in den nächsten Jahren dazu kommt.


Sie haben gesagt, Sie werden die Bundeshymne nicht in der vom Parlament erneuerten Fassung singen. Warum nicht?

Es ist nicht verboten, die Bundeshymne zu singen, wie man sie immer gesungen hat. Es war ein Fehler zu glauben, man könne damit in der Frauenpolitik etwas erreichen.

Was erwarten Sie von US-Präsident Donald Trump?

Es wird nichts so heiß gegessen, wie es gekocht wird. Bei Trump gibt es viele Befürchtungen, bei Obama gab es viele Hoffnungen, die nicht umgesetzt werden konnten. Ich wünsche mir, dass die Beziehungen zwischen den USA und Russland besser werden.

Haben Sie vor, im Fall Ihrer Wahl auch Ihre Familie stärker in Ihre Amtsführung einzubeziehen?

Meine Frau ja, meine Tochter nicht.

Ihre Frau hat über Van der Bellen gesagt: „Mir ist er sympathisch.“ Ihnen auch?

Als Person ist mir Van der Bellen sympathisch, obwohl ich andere politische Ansichten habe.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 01.12.2016)

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