Alexander Van der Bellen und Norbert Hofer feierten das Ende des Wahlkampfs. Beide hielten eine Art Rede zur Lage der Nation. Und beide gaben sich betont präsidial.
Wien. Für alle, die sich Donnerstagabend beim TV-Duell fragten, wo der freundliche Norbert Hofer geblieben war: Da war er wieder. Am Freitagvormittag, in der Wiener Börse. Bei dem offiziellen Wahlkampffinale.
Keine harschen Töne, keine Lügenvorwürfe: Nun trat wieder der besonnene, staatsmännische Hofer auf. Nun galt es nicht, wie bei der Fernsehdebatte, seinen Gegner direkt anzugreifen. Dieses Mal wollte Hofer wieder den sanften Präsidentschaftsanwärter geben. Einen, den auch Bürgerliche wählen können sollen. „Das waren die unglaublichsten zehn Monate meines Lebens“, sagte der freiheitliche Kandidat vor rund 400 Gästen (150 davon von den Medien) in der Wiener Börse. Dann begann er seine einstündige Rede zur Lage der Nation. Und wie ist sie nun, die Lage? Eigentlich gar nicht so schlecht: „Wir müssen wieder stolz darauf sein, Österreicher zu sein“ – und „Österreich lieben“. Denn: „Wer andere Kulturen respektieren will, der muss auch das eigene Land gern haben.“
Es folgte schließlich doch noch ein Potpourri an unterschiedlichen Problemaufrissen. Im Gesundheitsbereich gebe es Handlungsbedarf. Zu viele junge Medizinstudenten würden nach ihrem Uni-Abschluss das Land verlassen, um im Ausland Karriere zu machen. Und apropos Jugend, wer in die Politik einsteigen wolle, dem gebe Hofer einen Tipp mit auf den Weg: „Bitte schaut euch zuerst das Parteiprogramm an, nicht die Personen.“ Denn: „Die Personen, die kommen und gehen.“ Die Europäische Union stecke in einer tiefen Krise. Aber: „Ich bin auch Europäer. Ich glaube nicht, dass das Projekt verloren ist.“
Je fortgeschrittener der Wahlkampf, desto ruhiger eben das Finale: Bei der ersten Abschlussveranstaltung vor der Wahl am 24. April feierte die FPÖ mit Hofer klassisch auf dem Stephansplatz, John-Otti-Band inklusive. Auch vor der ersten Stichwahl wählte sie einen traditionellen Austragungsort: den Viktor-Adler-Markt. Neben Strache trat auch der Wiener Vizebürgermeister, Johann Gudenus, auf. Dieses Mal hielt sich der Parteichef mit Kampfansagen zurück. Seine Botschaft: Zum ersten Mal könne eine „honorige Persönlichkeit, die ihre Wurzeln in unserer freiheitlichen Gesinnungsgemeinschaft hat“, Bundespräsident werden.
Und auch Van der Bellen schloss gestern, Freitag, seinen Wahlkampf ganz offiziell ab – mit Bundeshymne und Blasmusik in einer revitalisierten Industriehalle in Wien-Favoriten. Während bei seinem Auftaktevent ein ÖVP-Politiker, nämlich der EU-Abgeordnete Othmar Karas, eine Rede hielt, gab es am Freitagabend Unterstützung von den Sozialdemokraten: Der Wiener Bürgermeister, Michael Häupl, stand als Hauptredner auf dem Programm.
Michael Häupl ist es „nicht wurscht“
Van der Bellens gab sich aufgeräumt und gut gelaunt. Auch er hielt eine Art „Rede zur Lage der Nation“. Die Wahl sei eine Richtungsentscheidung für Österreich, beteuerte er erneut. „Lassen Sie mich bitte Ihr Präsident der Mitte sein“, lautete sein Appell. Man brauche eine „Veränderung der gegenwärtigen Verhältnisse, aber keine Zerstörung.“ Denn: „Wir wollen nicht das Haus niederreißen, nur weil die Fenster undicht sind.“ Das „Haus Österreich“ sei „auf ein solides Fundament gebaut“. Aber: „Wir lösen unsere Probleme nicht mit Extremen und dem Kokettieren mit Radikalismus.“
Michael Häupl übernahm am Podium die Rolle des Angreifers. „Es ist nicht wurscht, wer Österreichs Bundespräsident ist.“ Norbert Hofer, dem „Smiley vom Herrn Strache“, sei bei der ORF-Konfrontation das Lachen vergangen. Der Wahlkampf sei ein „Kampf um die Demokratie.“ (ib/APA)
("Die Presse", Print-Ausgabe, 03.12.2016)