Norbert Hofer, der Präsident der Männer und Arbeiter

Norbert Hofer (l.) verlor die Hofburg-Wahl. Nun peilt er mit FPÖ-Chef Strache die Nationalratswahl an.
Norbert Hofer (l.) verlor die Hofburg-Wahl. Nun peilt er mit FPÖ-Chef Strache die Nationalratswahl an. (c) APA/HANS KLAUS TECHT
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Der Freiheitliche war bei der (Ex-)Kernklientel der SPÖ erfolgreich. Nun greift er auch den ÖVP-Chef frontal an.

Wien. Norbert Hofer wurde vieles genannt, am späten Sonntagabend im Parlamentsklub der FPÖ. „Bundespräsident der Herzen“ zum Beispiel. Oder „Der Sieger der Zukunft“. Im Endeffekt trifft aber vor allem eine Beschreibung zu: Hofer ist der Sieger der Arbeiter. Und der Männer.

Das geht aus einer Wahltagsbefragung von Sora für den ORF hervor. Demnach schaffte der freiheitliche Kandidat bei männlichen Wählern 56 Prozent. Vor allem Österreicher im Alter von 30 bis 59 Jahren konnte er überzeugen. Auch unter Wählern, die eine Lehre absolviert haben, erreichte er die Mehrheit (64 Prozent). Besonders hoch ist der blaue Balken allerdings unter den Arbeitern: 85 Prozent wählten Hofer. Und nur 15 Prozent Alexander Van der Bellen.

Vor allem für die SPÖ ist dieser Trend gefährlich. Die Sozialdemokraten, die sich 2013 noch als Partei der Arbeit plakatiert hatten, könnten ihre Zielgruppe längst verloren haben. Und auch wenn längst nicht jeder Hofer-Wähler automatisch nun ein FPÖ-Wähler ist: Die Bundespräsidentenwahl ist ein Warnschuss in Richtung Bundesregierung.

Nun wollen die Freiheitlichen nicht nur die (ehemaligen) Stammwähler der SPÖ für die kommenden Nationalratswahlen lukrieren. Sondern auch das bürgerliche Lager in der ÖVP (und ihre Wähler) spalten. Anders lässt sich nur schwer erklären, warum die Freiheitlichen am Sonntagabend Vizekanzler Reinhold Mitterlehner frontal attackierten: Die Wahlempfehlung des ÖVP-Chefs für Alexander Van der Bellen sei letztlich wahlentscheidend gewesen. Aber, so Hofer: „Es ist auch so etwas wie ein Selbstmordattentat des Herrn Mitterlehner.“ Denn diese Entwicklung werde Österreich nicht weiterbringen.

So wichtig nahm sich allerdings nicht einmal Mitterlehner selbst: Diese Aussage sei „zu viel der Ehre“, sagte er auf Ö1. Die Freiheitlichen würden offenbar einen Sündenbock suchen bzw. versuchen, einen Keil in die ÖVP zu treiben.

„Das nennt man Demokratie“

Aber laut FPÖ gibt es ohnehin zwei weitere Mitschuldige für den Wahlverlust. Einer stammt aus dem Ausland: der Brexit-Wortführer Nigel Farage. Dieser habe durch seine Aussagen über ein EU-Austrittsreferendum in Österreich zur Niederlage Hofers beigetragen. Und einer aus dem Inland: das System. „Es war ein Kampf David gegen Goliath“, sagte Strache noch am Sonntagabend. Hofer sei David gewesen – und Goliath der Rest der Verbündeten gegen den FPÖ-Kandidaten.

In seinem Eintrag lobte Strache auch die Disziplin der blauen Parteigänger: „Kein Freiheitlicher sammelt sich heute zu einer Demo, kein Stein wird geworfen, nichts brennt. Das nennt man Demokratie!“ (ib/APA)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 06.12.2016)

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