Den Weiß- und Nichtwählern auf der Spur

Erst am Dienstag konnte Wolfgang Sobotka das Wahlergebnis präsentieren. Denn es sei sehr genau gezählt worden, betonte der Innenminister.
Erst am Dienstag konnte Wolfgang Sobotka das Wahlergebnis präsentieren. Denn es sei sehr genau gezählt worden, betonte der Innenminister. (c) REUTERS (HEINZ-PETER BADER)
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Die Beteiligung stieg gegenüber der aufgehobenen Stichwahl, die Zahl der Weißwähler sank. Doch konnte Van der Bellen mehr frühere Nichtwähler für sich gewinnen. Vor allem Pessimisten verzichteten auf ihr Stimmrecht.

Wien. Man habe es dort sehr, sehr genau genommen und mehrfach gezählt. So erklärte Innenminister Wolfgang Sobotka (ÖVP), warum der Bezirk Innsbruck-Land besonders lang zum Auszählen der Wahlkarten benötigt hat. So lange, dass der Innenminister erst Dienstagmittag zur Verkündung des „vorläufigen Endergebnisses der Bundespräsidentenwahl“ schreiten konnte. „Vorläufig“ heißt dieses, weil auch noch die Bundeswahlbehörde am Donnerstag kommender Woche das Ergebnis beschließen muss. Alle Stimmen, auch jene der Briefwahl, sind aber bereits in den am Dienstag verlautbarten Zahlen einberechnet.

Demnach stieg das Ergebnis für Alexander Van der Bellen noch auf 53,79 Prozent, während Norbert Hofer infolgedessen nur auf 46,21 Prozent der Stimmen kam. Die Angst mancher, dass der lange, polarisierende Wahlkampf viele von einer Stimmabgabe abhält, bewahrheitete sich nicht. Die Wahlbeteiligung betrug 74,2 Prozent und war damit noch um rund eineinhalb Prozent höher als bei der aufgehobenen Stichwahl im Mai. Auch die Zahl jener, die ungültig wählten, sank (von 3,6 auf 3,2 Prozent). Wobei bei den ungültigen Stimmen nicht zwischen jenen, die absichtlich weiß gewählt haben, und jenen, die den Stimmzettel nicht korrekt ausfüllten, differenziert wird.

Nicht einbezogen sind jene Wahlkarten, die bereits aus formalen Gründen (Unterschrift fehlt, Wahlkarte kam geöffnet an etc.) aussortiert werden mussten. In diesen Fällen darf der in der Wahlkarte enthaltene Stimmzettel gar nicht erst angesehen werden. Die Zahl dieser „nicht einzubeziehenden Wahlkarten“ (so der Ausdruck) dürfte erst nach der Sitzung der Wahlbehörde feststehen.

Die Motive von Weiß- und Nichtwählern bleiben auf dem Stimmzettel verborgen. Fest steht aber: „Die meisten Nichtwähler sind konstant Nichtwähler“, sagt Florian Oberhuber vom Sora-Institut zur „Presse“. Laut dem Meinungsforscher sind 95 Prozent der Nichtwähler vom 4. Dezember Personen, die schon bei der aufgehobenen Stichwahl im Mai keine gültige Stimme abgaben. Vier Prozent der jetzigen Nichtwähler hätten noch Norbert Hofer gewählt, ein Prozent Alexander Van der Bellen.

Optimisten wählten eher Van der Bellen

Auch für den ersten Wahlgang, als noch sechs Kandidaten zur Wahl standen, lassen sich solche Wählerströme aufzeigen, wobei Sora Weißwähler (wählt ungültig) und Nichtwähler (votiert gar nicht) zusammenfasst. Demnach haben von jenen, die im April für Irmgard Griss gestimmt haben, 46.000 im Dezember weiß bzw. nicht gewählt. Von den Wählern des ÖVP-Kandidaten, Andreas Khol, wählten nun 37.000 weiß oder nicht, um 3000 weniger waren es beim einstigen Sozialminister und SPÖ-Bewerber, Rudolf Hundstorfer. Von der Gruppe, die Baumeister Richard Lugner unterstützt hat, votierten 5000 am vergangenen Sonntag weiß bzw. nicht.

Wer diese Weiß- bzw. Nichtwähler sind, ist schwieriger zu beantworten. Aufgrund der geringen Fallzahl in der Wahltagsbefragung liegen Sora keine statistisch signifikanten Unterschiede nach Alter, Geschlecht, Bildung oder Einkommen vor. Eine Ausnahme aber gibt es: „Personen, die eine Verbesserung der Lebensqualität in Österreich erwarten – Stichwort: Zukunftsoptimisten –, sind signifikant häufiger zur Wahl gegangen als Personen, die eine Verschlechterung erwarten, sogenannte Zukunftspessimisten“, sagt Oberhuber. Dabei hätten unter den Optimisten 73 Prozent Van der Bellen gewählt, unter den Pessimisten 70 Prozent Hofer.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 07.12.2016)

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