Das Berufsheer als „ein Sprungbrett, um Studium oder Lehre zu beginnen“

(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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"Presse"-Interview: Der Stabschef im Kabinett von Minister Darabos will Zeitsoldaten nach ihrem Dienst in anderen Ressorts einsetzen.

Die Presse: Wären Sie zum Heer gegangen, wenn es die Wehrpflicht nicht gegeben hätte?

Karl Schmidseder: Ich habe mich freiwillig gemeldet, ich wollte Milizoffizier werden. Schließlich bin ich Berufsoffizier geworden.


Warum?

Ausschlaggebend waren das bezahlte Studium an der Militärakademie sowie die vielen Ausbildungsmöglichkeiten: etwa Fallschirmspringen oder die Alpinausbildung.


Was lässt Sie glauben, dass junge Männer und Frauen ab 2014 genauso denken und handeln?

Ich denke, dass sie ähnliche Motive haben. Wenn sie die Schule abgeschlossen haben, möchten sie nicht direkt ins Studium gehen, sondern einmal etwas anderes machen.


Üblicherweise reist man dann für ein paar Monate durch Australien, wieso sollte man zum Heer?

Es ist besonders für Absolventen von Gymnasien reizvoll, einen Zeitraum, bevor sie in ein anderes Berufsfeld gehen, bei den Streitkräften zu verbringen.

Was passiert mit den Zeitsoldaten nach den vorgesehenen drei bis neun Jahren beim Heer?

Ein Drittel des Verpflichtungszeitraumes bekommt man noch an Berufsweiterbildung bezahlt. Es ist ein Sprungbrett, um ein Studium oder eine Lehre zu beginnen oder abzuschließen.


Dann sind die Soldaten schon Ende 20 – und beenden erst eine Lehre. Der Arbeitgeber wird sich dann wohl für den jüngeren Konkurrenten entscheiden.

Für den Arbeitgeber ist ein Zeitsoldat ein perfekter Mitarbeiter. Weil er nicht nur körperlich fit ist und Englisch kann, sondern auch teamfähig ist und ein sehr gutes Verständnis für andere Kulturen hat.

Glauben Sie wirklich, dass dies das Bild ist, das ein Arbeitgeber von einem Soldaten hat?

Davon bin ich überzeugt. Zeitsoldaten können auch in anderen Ressorts weiterarbeiten, etwa bei der Polizei.

Dafür muss man aber Strukturen schaffen.

Ja, etwa die bevorzugte Aufnahme im Exekutivdienst oder bei der Justizwache. Da besteht Handlungsspielraum.


Zur Profimiliz von Minister Darabos: Beim dazugehörigen Pilotprojekt in Niederösterreich und Salzburg gab es zu wenig Freiwillige. Warum?

Ein Pilotprojekt dient dazu, Erkenntnisse zu gewinnen.


Dann ist die Erkenntnis, dass es in Österreich einfach zu wenig Freiwillige gibt.

Die Erkenntnis ist, dass wir sehr strenge Aufnahmekriterien angesetzt haben – was das Alter und Fachwissen betrifft. Es konnten sich nur ausgebildete Pioniere melden.


Also: Ja, es gab zu wenig Freiwillige.

Für diese Projekte haben sich nicht ganz die erwarteten 90 Prozent gemeldet. Aber für die Profimiliz werden wir 9300 Personen kriegen.


Wenn es für die zwei Kompanien schon schwierig war – warum sollte es bundesweit funktionieren?

Wir haben Erkenntnisse gewonnen, und es soll uns nicht daran hindern, diesen Weg fortzusetzen. Vielleicht mit weniger strengen Kriterien. Wenn man entsprechend wirbt, wird es kein Problem sein.

Darabos ist für eine Reduktion der Berufs- und ein Aufstocken der Zeitsoldaten. Wäre dies nicht auch ohne Entfall der Wehrpflicht denkbar?

Man kann am bestehenden System herumbasteln. Damit kommen wir aber nicht aus dem Hamsterrad der Ausbildung heraus, in die wir viel investieren, aber mit wenig Nutzen. Die Hauptaufgabe von Streitkräften sind Einsätze im In- und Ausland. Hinzu kommen noch die Assistenzeinsätze für die Exekutive und Katastrophenhilfe. Wir wollen dafür vorwiegend auf Zeit- und Berufssoldaten setzen.


Im Darabos-Modell soll es 2000 Zivilbedienstete weniger geben. Wo sollen die hin?

Natürliche Abgänge und ressortübergreifender Personaltransfer. Dauert etwa zehn Jahre.

Und das funktioniert ohne Mehrkosten? Die Beamten müssen ja dann weiter bezahlt werden.

Was ist die Alternative, noch einmal 2000 Menschen mehr anstellen?


Nein. Aber man müsste zugeben, dass man für eine gewisse Zeit mehr Geld benötigt.

Nein, es wird nicht mehr Geld geben.

Zum Katastrophenschutz: Wie wird dieser mit einem Berufsheer geregelt?

Zuerst werden Kaderpräsenzeinheiten eingesetzt, dann die Profimiliz. Das sind über 30.000 Mann. Dazu gibt es noch die beorderte Miliz. Die bräuchte – wie jetzt auch – eine mehrwöchige Vorbereitungszeit.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 05.01.2013)

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