Rommé spielen, Funken: Wo die Regierung gedient hat

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Die SPÖ-Minister entschieden sich weitgehend gegen den Grundwehrdienst, ihre ÖVP-Kollegen gingen zum Heer.

Wien/Ib. Die Positionen in der Bundesheerfrage sind klar: Die ÖVP ist für die allgemeine Wehrpflicht, die SPÖ (mehr oder weniger) dagegen. Doch wie viele von ihnen haben in ihrer Jugend tatsächlich den Dienst an der Waffe abgelegt, wie viele haben ihn abgelehnt – und wer war untauglich?

Die letzte Frage ist schnell beantwortet: Gesundheitsminister Alois Stöger (SPÖ) war der einzige jetzige Minister, der untauglich war. Der Rest seiner Parteikollegen auf der Regierungsbank entschied sich fast ausnahmslos für den Zivildienst: Verteidigungsminister Norbert Darabos etwa war im Jahr 1987 bei der Österreichischen Jungarbeiterbewegung in Wien. „Zu meinen Aufgaben gehörte die Jugendbetreuung und alles, was sonst anfiel in einem Jugendwohnheim.“

Anfang der 1990er-Jahre leistete auch Staatssekretär Andreas Schieder seinen Zivildienst – und zwar bei Samariterbund, Kinderfreunden und auch bei der Flüchtlingsbetreuung. Das sei eine „irrsinnig sinnvolle Zeit“ gewesen. Würde er so einen Dienst also auch ohne Zwang machen? „Ich würde es mir jedenfalls überlegen.“ Nach der Matura hätte er ohnehin nicht gern sofort studiert. „Man braucht Zeit zum Überlegen. Und so hatte ich das Gefühl, der Gesellschaft etwas beizutragen.“ Bundeskanzler Werner Faymann war in einem Jugendheim tätig, Medienstaatssekretär Josef Ostermayer in einem Mädchenheim.

Der Oberste Befehlshaber des Bundesheeres, Bundespräsident Heinz Fischer, war hingegen beim Heer (hatte damals allerdings auch noch keine Wahl zwischen Zivil- und Grundwehrdienst). Als 20-Jähriger absolvierte er seine Grundausbildung als Funker beim Heerestelegrafenbataillon in Wien. Während der letzten drei Monate war er selbst Ausbildner für die eingerückten Rekruten. Und: „Ich war gewählter Soldatenvertreter, war nicht mit allem einverstanden, was sich im Laufe des Dienstbetriebes ereignet hat und habe mich auch öfters beim Kompaniekommandanten oder beim Kasernenkommandanten beschwert“, meint er. Und: „Ich beherrsche das Morsealphabet noch heute im Schlaf.“ Sozialminister Rudolf Hundstorfer war ebenfalls beim Heer und leistete seinen Präsenzdienst in Wien ab.

Schwarze Minister alle beim Heer

Weitaus mehr in Mode war das Bundesheer innerhalb der ÖVP: Vizekanzler Michael Spindelegger blieb von 1977 bis 1978 gleich als Einjährig-Freiwilliger beim Militär und schaffte es zum Oberleutnant. Und von Umweltminister Nikolaus Berlakovich (Abwehrschule für ABC-Angriffe) über Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner, Wissenschaftsminister Karlheinz Töchterle bis zu Staatssekretär Reinhold Lopatka und Sebastian Kurz – sie alle waren beim Bundesheer.

Und Niederösterreichs Landeshauptmann Erwin Pröll (ÖVP) und Wiens Bürgermeister Michael Häupl (SPÖ)? Die zwei Hauptverantwortlichen für die Volksbefragung und den Meinungsschwenk der beiden Regierungsparteien in Bundesheerfragen waren ebenfalls beim Militär. Häupl dürfte allerdings nicht viel davon gehabt haben: Als Panzergrenadier in Mautern habe er Funken gelernt – und Rommé spielen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 05.01.2013)

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