Koalitions-Streit: Sozialjahr teurer als Zivildienst?

ÖVP: Sozialjahr viel teurer als Zivildienst
ÖVP: Sozialjahr viel teurer als ZivildienstAPA/GEORG HOCHMUTH
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Innenministerin Mikl-Leitner präsentiert eine Studie, wonach das freiwillige Sozialjahr das Doppelte des Zivildienstes kosten würde. Die SPÖ widerspricht der Berechnung.

VP-Innenministerin Johanna Mikl-Leitner hat am Freitag erneut für die Beibehaltung des Zivildienstes geworben. Laut einer von ihr beauftragten Expertise der Uni Wien würde das von der SPÖ geforderte freiwillige Sozialjahr fast das Doppelte kosten wie der Zivildienst.

Die Berechnungen von Arbeitsrechtler Wolfgang Mazal und seinem Uni-Kollegen Andreas Baierl basieren laut eigenen Angaben auf den Unterlagen des SP-geführten Sozialministeriums. Dort gehe man von 211 Millionen Euro für das freiwillige Sozialjahr und 208 Millionen für den Zivildienst aus, erklärte Baierl. Die Berechnungen in der Expertise weisen hingegen - bei gleichbleibender Leistung - direkte und indirekte Kosten von 330 Mio. Euro für das Sozialjahr und 172 Mio. für den Zivildienst aus.

Der Grund: Laut Mazal und Baierl rechnete das Sozialministerium mit einer falschen Basis und berücksichtigte einiges nicht. So seien etwa die Zivildienerzahlen, die für den gesamten Kostenvergleich und die Berechnung der indirekten Kosten herangezogen wurden, zu hoch. Das Sozialministerium gehe für das freiwillige Sozialjahr von 8000 Teilnehmern und beim Zivildienst von 9600 "Jahresäquivalenten" aus, obwohl der Schwerpunkt beim Sozialjahr auf dem Gesundheits- und Sozialbereich liege und damit der derzeitige Aufgabenbereich des Zivildienstes eingeschränkt würde. Man müsste von jeweils 8000 ausgehen, erläuterte Baierl.

Die Frage, ob das Sozialressort absichtlich falsch gerechnet habe oder es sich um mangelnde Kompetenz handle, wollte die Ministerin nicht beantworten. Ihr gehe es mit der "Richtigstellung" um "ehrliche Information" vor der Volksbefragung am 20. Jänner.

Hundstorfer: "Wir rechnen's vor"

SP-Sozialminister Rudolf Hundstorfer wies Mikl-Leitners Darstellung zurück. Er lade all jene, die meinen, er hantiere mit falschen Zahlen, in sein Ministerium ein: "Wir rechnen's vor." Konkret müsse man bei einer realistischen Kosteneinschätzung etwa auch die Bemessungsgrundlage für die Pension mit einberechnen. Die Innenministerin würde hingegen lediglich die in ihrem Budget vorhandenen Kosten berücksichtigen. Bisher hätten ihm noch alle Kritiker "seriöse" Berechnungen attestiert. Hundstorfer bleibt dabei: Das Sozialjahr kostet 211 Mio. Euro und damit in etwa so viel wie derzeit der Zivildienst.

SP-Frauenministerin Gabriele Heinisch-Hosek lobte das freiwillige Sozialjahr unterdessen als Beitrag für mehr Chancengleichheit zwischen Männern und Frauen. Das Sozialjahr mit gerechter Entlohnung solle für beide Geschlechter eine attraktive Möglichkeit zur beruflichen Neuorientierung bringen - ebenso wie das Berufsheer.

Vehement sprachen sich Heinisch-Hosek und Hundstorfer gegen den "grotesken" Vorschlag Mikl-Leitners aus, der eine Öffnung des Zivildienstes auch für Frauen vorsieht. Heinisch-Hosek plädierte viel eher für eine "angemessene Bezahlung". Man dürfe Menschen nicht als "billige Arbeitskräfte ausnutzen".

(APA)

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