Letztes Rennen um Heeres-Stimmen

(c) Dapd (Hans Punz)
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Eine Woche vor der Befragung boten SPÖ und ÖVP noch einmal ihre Argumente auf: Vom "besten System Europas" bis zum "Luftschloss". Unsicherheitsfaktor ist die Beteiligung.

Wien/Apa/Red. Der politische Kampf um die Volksbefragung zur Wehrpflicht am kommenden Sonntag geht in die Zielgerade. So warben Verteidigungsminister Norbert Darabos (SPÖ) und Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) gestern, Sonntag, in zwei aufeinanderfolgenden ORF-„Pressestunden“ noch einmal für die Positionen ihrer Parteien: Die ÖVP will die Wehrpflicht beibehalten, aber reformieren, die SPÖ stattdessen ein Berufsheer verwirklichen.

Darabos betonte, dass Österreich angesichts der neuen Bedrohungsszenarien kein „Massenheer“ mehr aufrechtzuerhalten brauche – womit er auch seinen Meinungsschwenk vom Wehrpflicht-Befürworter zum Berufsheer-Fan parallel zu Wiens SPÖ-Bürgermeister Michael Häupl begründete. Dessen Wahlkampf 2010 sei für ihn aber nicht ausschlaggebend gewesen, er habe nach „Fakten“ entschieden.

Angst vor Cyber-Kriminalität

„Man kann ja gescheiter werden“, zitierte Darabos sinngemäß den früheren deutschen Bundeskanzler Konrad Adenauer. Als neue Bedrohungsszenarien nannte er „Terrorismusbekämpfung, Cyber-Kriminalität, Krieg durch die Steckdose, das Scheitern von Staaten“. Darauf müsse man mit einem neuen Heeresmodell reagieren.

Kritik daran, dass die rot-schwarze Regierung die Entscheidung über das Bundesheer an die Bevölkerung delegiert, wies der Verteidigungsminister zurück: „Ich bin der Meinung, dass man der Bevölkerung diese Frage zumuten kann.“

Befürchtungen, dass mit einem Berufsheer die Truppenstärke nicht ausreichend gegeben sein könnte, hielt er entgegen, dass das sehr wohl gelingen werde. Die Bevölkerung könne sich auch darauf verlassen, dass der Katastrophenschutz bei einem Berufsheer besser gewährleistet wäre als jetzt. Auch die Umstiegsphase sei „locker zu schaffen“: Sollte das Volk ein Berufsheer wollen, soll dieses schon mit 1.Jänner 2014 kommen: als „bestes System“ in Europa. Auch mit ausreichend Bewerbern für das Soziale Jahr, das den Zivildienst ersetzen soll, rechnet Darabos.

Mikl-Leitner hingegen warnte erneut vor negativen Konsequenzen bei einem Aus für Wehrpflicht und Zivildienst: Folge wäre ein neues, zwei Mrd. Euro teures Sparpaket – aufgrund der Mehrkosten, so die Ministerin, die von einem „Zwei-Milliarden-Luftschloss“ der SPÖ sprach. Die von Darabos vorgesehene Profimiliz würde wegen Rekrutierungsproblemen zu einer „Arbeitslosenmiliz“ verkommen. Zudem prophezeite Mikl-Leitner neuerlich eine Gefährdung des Katastrophenschutzes und längere Wartezeiten bei Rettungseinsätzen, da es ohne Zivildiener weniger Sanitäter geben werde.

Zunehmend schärfer äußerten sich in der Heeresdebatte Vertreter der zweiten Reihen bei ÖVP und SPÖ. Klubobmann Josef Cap (SPÖ) sprach angesichts der Warnungen der Innenministerin von „Horrorszenarien“, SPÖ-Bundesgeschäftsführer Günther Kräuter attestierte Mikl-Leitner „Ahnungslosigkeit“.

Sozialminister Rudolf Hundstorfer (SPÖ) betonte, es werde „kein Problem“ sein, 8000 Personen pro Jahr für den Ersatz des Zivildienstes zu gewinnen. ÖVP-Generalsekretär Hannes Rauch wiederum warf der SPÖ vor, sie rede „Rekrutierungsprobleme in ganz Europa“ schön. Außerdem halte Darabos Studien über positive Effekte der Wehrpflicht zurück. ÖVP-Wehrsprecher Oswald Klikovits prophezeite Rekrutierungsprobleme für den Fall eines Berufsheers.

Knapp die Hälfte für Wehrpflicht

Gemäß einer „Österreich“-Umfrage sind zurzeit 48 Prozent der Österreicher für die Beibehaltung der Wehrpflicht, 40 Prozent wollen einen Umstieg auf ein Berufsheer, und 12 Prozent sind unentschlossen. Was die Beteiligung an der Volksbefragung angeht, verwies Darabos auf Umfragen, wonach eine Quote von bis zu 70 Prozent möglich sei.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 14.01.2013)


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