Staatsmodell: Pläne aus ÖVP für Europäische Republik

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Eine Gruppe um Heinrich Neisser, Josef Riegler und Josef Taus schlägt die Gründung eines europäischen Staates vor, an den alle Souveränitätsrechte übergehen.

Wien. Die Idee ist radikal: Ein neuer europäischer Staat, in dem nach und nach die heutigen EU-Länder aufgehen; ein neues demokratisches System aus zwei Kammern, gemeinsame Steuern und gemeinsame Schulden. „Novaeuropa“, eine Sammelbewegung aus ÖVP-Politikern und weiteren Mitgliedern hat bereits im vergangenen Jahr einen Plan für eine „Europäische Republik“ erarbeitet. Die Gruppe um den ehemaligen zweiten Nationalratspräsidenten Heinrich Neisser, den einstigen Vizekanzler Josef Riegler und den ehemaligen Parteiobmann Josef Taus geht dabei deutlich weiter als das kürzlich von zehn EU-Außenministern entwickelte Modell eines EU-Staats.

Wie der Obmann von Novaeuropa, Karl Koller, erklärt, sei dies ein Stufenplan für die Eurorettung und die Demokratisierung der heutigen Eurozone. Gedacht ist, dass nicht gleich alle EU-Mitgliedstaaten der Europäischen Republik beitreten. Sondern sie soll zum Kern einer neuen europäischen Zusammenarbeit werden. Anfangs wäre die Republik selbst Mitglied der EU, bis alle Mitgliedstaaten in ihr aufgehen.

Die Ansätze der ÖVP-Politiker richten sich ausdrücklich gegen das „neoliberale Wirtschaftsmodell“, das zur größten Wirtschaftskrise seit den 1930er-Jahren geführt habe. Ziel sei eine „echte ökologisch-soziale Marktwirtschaft“ auf europäischer Ebene.

Unbeschränkte EZB-Intervention

Zur raschen Beruhigung der aktuellen Krise schlägt Novaeuropa einen Beschluss der Europäischen Zentralbank zur „unbeschränkten Intervention“ auf den Märkten vor. Dies soll zu einer Stabilisierung auf den Finanzmärkten führen und Spekulationen gegen einzelne Euroländer unattraktiv machen. Danach soll die Eurozone durch einen strikten Sparkurs der Regierungen saniert werden. Die wirtschaftspolitisch relevanten Steuern sollen vereinheitlicht werden. Gemeinsam sollen Maßnahmen gegen Steuerflucht ergriffen werden. Sei diese Basis geschaffen, „ist die Zeit reif für Eurobonds“, über sie sollen die Staatsschulden in der Eurozone gemeinsam und über einen einheitlich niedrigen Zinssatz finanziert werden.

Gleichzeitig wird nach den Plänen die Eurozone in eine Föderation umgewandelt und mit der Gründung eines Zwei-Kammer-Systems demokratisiert. Die eine Kammer soll aus direkt gewählten Volksvertretern (EU-Abgeordnete der Euroländer), die zweite Kammer aus Regierungsvertretern bestehen. Und es soll eine übergeordnete Wirtschaftsregierung eingesetzt werden. Nach einer Übergangsphase bis 2018 soll ein Konvent eine Verfassung für eine Europäische Republik entwickeln. Ihr, so heißt es in dem Dokument von Novaeuropa, sollen die Euroländer ihre „Restsouveränität“ übertragen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 11.07.2012)

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