Zwei Mrd. Euro an ausständigen Steuerschulden wollte Griechenlands Regierung eintreiben. Das wird sich nicht ausgehen, befürchtet der Chef der EU-Arbeitsgruppe.
Brüssel. Griechenland wird heuer voraussichtlich sein Ziel bei der Eintreibung ausständiger Steuerschulden verfehlen. „Das Ziel von zwei Milliarden Euro wird sehr schwer zu erreichen sein", sagte Horst Reichenbach, Leiter der EU-Arbeitsgruppe zur Unterstützung der Reformen in Griechenland, am Montag in Brüssel bei einem Vortrag am Centre for European Policy Studies.
Grund dafür seien die beiden Wahlen zu Beginn des Jahres. Damals kam die öffentliche Verwaltung wochenlang fast völlig zum Erliegen. „Ich gebe die Hoffnung nicht auf, dass es doch noch machbar ist", fügte er hinzu. 2011 hatte der griechische Fiskus das niedrige Ziel von 400 Millionen Euro übertroffen und 946 Millionen Euro von säumigen Steuerpflichtigen eingetrieben.
Unterstützung für Griechen
Der deutsche frühere hohe Kommissionsbeamte Reichenbach leitet seit Juli 2011 die so genannte „Task Force Griechenland". Sie soll Athen gleichsam Hilfe zur Selbsthilfe leisten, also Unterstützung bei der Reform des in vielen Bereichen hinfälligen Staatswesens. Sie besteht aus Beamten der Kommission, aber auch aus solchen der Mitgliedstaaten, die bei der Modernisierung Griechenlands mithelfen wollen. Rund 30 Mitarbeiter tun das von Brüssel aus, weitere 30 in einem Büro in Athen. Mit der Troika hat Reichenbachs Truppe unmittelbar nichts zu tun: dieses Dreigespann aus Vertretern der Kommission, der Europäischen Zentralbank und des Internationalen Währungsfonds prüft die Voraussetzungen für die weitere Auszahlungen von EU-Hilfskrediten an die Athener Regierung.
Zu den Aufgaben der Reform-Arbeitsgruppe zählt es hingegen, den Griechen bei der Verhandlung eines Abkommens mit der Schweiz über die Behandlung jener unversteuerten Milliardenbeträge zu helfen, die reiche Griechen heimlich auf Schweizer Bankkonten gebunkert haben. Da allerdings geht nichts weiter, was vor allem damit zu tun hat, dass sich in der Schweiz Widerstand gegen ähnliche Abkommen mit Deutschland, Österreich und Britannien formiert. „Es gibt den Wunsch, so ein Abkommen zu erreichen, egal, was mit den anderen Abkommen passiert", hielt sich Reichenbach am Montag knapp.
Zuversichtlich stimme ihn hingegen, dass die griechische Regierung endlich einen Plan dafür entwickelt habe, wie sich die verschiedenen Ministerien untereinander koordinieren. Das tun sie derzeit nämlich noch nicht so recht. Ein OECD-Bericht hatte zur Jahresbeginn ein vernichtendes Urteil über das hellenische Verwaltungschaos gefällt. „Unsere tägliche Arbeit bestätigt das", sagte Reichenbach. Positiv stimme ihn nach etwas mehr als einem Jahr Arbeit aber der Eindruck, dass die Athener Verantwortlichen erkannt hätten, „dass man von Worten zu Taten schreiten muss." Die Task Force wolle jedenfalls noch zwei weitere Jahre ihre Hilfe anbieten.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 9. Oktober 2012)