Athen: Regierung verspricht Ende der Sparpolitik

Athen Regierung verspricht Ende
Athen Regierung verspricht Ende(c) AP (Lefteris Pitarakis)
  • Drucken

Nach der knappen Mehrheit für das 13,5-Milliarden-Sparpaket sind neue Einschnitte politisch nicht mehr durchzusetzen. Es steht in den Sternen, ob Samaras das Versprechen wird halten können.

Athen/C.g. Rauchschwaden stiegen über dem Zentrum Athens auf, als in der Nacht auf Donnerstag mit hauchdünner Mehrheit ein weiteres, 13,5 Milliarden Euro schweres Sparpaket im Parlament verabschiedet wurde. Es soll das Letzte seiner Art gewesen sein, versprach der konservative Ministerpräsident Antonis Samaras in einer riskanten persönlichen Haftung: Er erklärte, dass das Paket die „letzten schmerzhaften Maßnahmen mit Lohn-, Pensions- und Zulagenkürzungen“ umfassen würde, und machte klar, dass neue Budgetlücken von nun an ausschließlich durch Bekämpfung von Steuerflucht und „Verschwendung im öffentlichen Sektor“ gedeckt würden.

Es steht in den Sternen, ob Samaras das Versprechen wird halten können. Denn einerseits war der griechische Staatsapparat bisher nicht fähig, die Steuerflucht wirksam zu bekämpfen. Andererseits wird das Sparpaket, wie schon in den vergangenen Jahren, die Rezession verstärken und damit die Staatseinnahmen weiter mindern. Noch ist das Land von einer Haushaltssanierung weit entfernt. Der IWF ist überzeugt, dass das Ziel, Athen bis 2020 auf einen finanzierbaren Schuldenstand von 120 Prozent des BIPs zu bringen, nicht ohne weitere Einschnitte und Reformen möglich sein wird.

Samaras hat freilich keine andere Wahl, als seine politische Zukunft mit der Einlösung seines Versprechens zu verknüpfen. Vieles deutet darauf hin, dass die Schmerzgrenze des politischen Systems, vor allem aber der Bevölkerung erreicht ist.

So zeigte sich, dass der Ausgang der Abstimmung für die Regierung, die theoretisch über eine bequeme Mehrheit von 167 Sitzen im 300-köpfigen Parlament verfügt, nicht mehr kalkulierbar ist. Die Mehrheit von 153 Stimmen war diesmal hauchdünn: Der linke Koalitionspartner Dimar (17Sitze) machte bereits vor der Abstimmung klar, dass seine Abgeordneten sich der Stimme enthalten würden. Zwei der Abgeordneten stimmten dann sogar gegen das Paket.

Koalition brüchig

Auch die einst mächtige sozialistische Pasok ist für Samaras zu einem unsicheren Partner geworden. Nicht weniger als sechs der 33Abgeordneten verstießen gegen die vorgegebene Linie und verstärkten den Eindruck, dass die Partei kurz vor ihrer Auflösung stehe. Der Block der Konservativen hingegen stimmte – mit einer Ausnahme – geschlossen für das Paket.

Was Griechenland in den vergangenen drei Jahren zustande gebracht hat, ist dennoch einzigartig: Seit dem Jahr 2009 hat sich das Defizit von 15,4 auf 6,7 Prozent verringert. Nun aber zeigen letzte Daten über die Steuereinnahmen, dass die Steuerpflichtigen ihren Verpflichtungen nicht mehr nachkommen können. Insgesamt schulden sie dem Staat 53 Milliarden Euro. Sechs Milliarden Euro davon wurden in den Monaten August und September 2012 produziert – das sind die Monate, in denen normalerweise die Einkommensteuer zu strömen beginnt. Von erwarteten vier Millionen Steuererklärungen wurden nur 3,1 Millionen abgegeben. Von den Haushalten wird wohl bald nichts mehr zu holen sein – kein Wunder bei einer Arbeitslosigkeit von rund 24 Prozent.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.11.2012)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

240 Milliarden Euro müssen genug sein
Europa

240 Milliarden Euro müssen genug sein

Euroländer und EZB stoßen mit Hilfen für Athen an Grenzen des Machbaren. EZB-Chef Mario Draghi schloss am Donnerstag eine weitere Hilfe für Athen aus.
GREECE GENERAL STRIKE
Home

Griechisches Parlament billigt Sparprogramm

Das 13,5 Milliarden Euro schwere Paket ist die Voraussetzung für die Auszahlung neuer Hilfstranchen. Die Opposition fordert Neuwahlen.
New Articles

Athen: Massenprotest und Parteienstreit zu Sparpaket

Die Parlamentsmehrheit in Griechenland für das nächste Sparpaket im Umfang von 18,5 Milliarden Euro wackelt. Die radikale Linksopposition (Syriza) ruft bereits zum Sturz der Regierung Samaras auf.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.