EU-Budget: Warum Österreich mehr zahlen muss

Austria's Chancellor Faymann arrives at the EU council headquarters for an European Union leaders summit meeting to discuss the European Union's long-term budget in Brussels
Austria's Chancellor Faymann arrives at the EU council headquarters for an European Union leaders summit meeting to discuss the European Union's long-term budget in Brussels(c) REUTERS
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Die Spitzen der EU einigten sich am Freitag auf einen Haushalt von 2014 bis 2020. Kein Land hat dabei wirklich gewonnen.

Brüssel.  Die 27 Mitgliedstaaten der EU haben sich am Freitag auf einen neuen Haushaltsrahmen für die Jahre 2014 bis 2020 geeinigt. Der am Nachmittag abgesegnete Kompromissvorschlag sah ein Gesamtbudget von 960 Milliarden Euro für sieben Jahre vor. „Schließlich hat die Vernunft über die nationalen Egoismen gesiegt“, so Bundeskanzler Werner Faymann. Insgesamt wurde 25 Stunden verhandelt.

1. Hat sich Österreichs Nettozahlerposition verschlechtert?

Ja. Österreich wird in den nächsten sieben Jahren rund 1,02 Milliarden Euro jährlich mehr in das Gemeinschaftsbudget zahlen, als es an Rückflüssen erhält. Das entspricht 0,31 Prozent der jährlichen Wirtschaftsleistung. In der vergangenen Finanzperiode lagen nach derzeitigen Hochrechnungen die tatsächlichen Nettozahlungen durchschnittlich bei 700 Millionen Euro pro Jahr. Die Verschlechterung hängt allerdings mit der wirtschaftlichen Verbesserung des Landes im Vergleich zu den EU-Partnern zusammen. Gegenüber der letzten Finanzperiode hat sich die Position aller Nettozahler mit Ausnahme Italiens verschlechtert. Auch Deutschland und Frankreich zahlen mehr.

2. Muss Österreich auf seinen Rabatt verzichten?

Nur teilweise. Österreich behält einen Rabatt auf seinen Anteil zur Begleichung des Briten-Rabatts. Das bedeutet Einsparungen von jährlich rund 95 Millionen Euro. Ausgelaufen ist aber ein weiterer Rabatt auf die Ablieferung eines Anteils der Mehrwertsteuereinnahmen von knapp 90 Millionen Euro jährlich.

(C) DiePresse

3. Müssen heimische Bauern auf ihre EU-Gelder verzichten?

Ja. Aber Österreichs Bauern werden weiterhin in der EU überproportional hoch gefördert. Sie profitieren von den weiterhin zugesagten Mitteln für die ländliche Entwicklung von 3,58 Milliarden über sieben Jahre. Hier gibt es nur marginale Kürzungen von 20 Millionen über die gesamte Periode. Zurückgefahren werden gleichzeitig aber wie in allen Mitgliedstaaten die Direktzahlungen.

4. Alle Mitgliedstaaten sparen, spart auch die EU?

Ja. Erstmals wird der neue Haushaltsrahmen unter jenem der letzten sieben Jahre liegen. Er sinkt von 993,6 Milliarden Euro auf 960 Milliarden Euro an Verpflichtungen. Die 27 Regierungen wollen aber lediglich 908 Milliarden Euro ausgeben. Die Differenz erhoffen sie beispielsweise durch nicht abgerufene Förderungen einzusparen. Gespart wird bei den Förderungen für transeuropäische Verkehrs- und Kommunikationsnetze (11,0 Mrd. Euro), bei Strukturhilfen und bei Direktzahlungen in der Landwirtschaft.

5. Kommt die Brüsseler Bürokratie ungeschoren davon?

Nein. Obwohl das Budget für die Verwaltung der EU moderat auf insgesamt 61,6 Milliarden Euro angehoben wird (und zwar unter anderem aufgrund der Tatsache, dass mit Kroatien ein neues Mitglied hinzukommt), müssen sich die Beamten auf einen Sparkurs einstellen. So werden unter anderem ihre Gehälter für zwei Jahre eingefroren. Insgesamt sollen im Zeitraum von 2013–2017 fünf Prozent der Personalkosten eingespart werden – durch unbezahlte Mehrarbeit.

6. Was hält das Europäische Parlament von dem Deal?

Denkbar wenig. Parlamentspräsident Martin Schulz machte bereits am Donnerstag klar: Je weiter sich das Budget vom Vorschlag der EU-Kommission entfernt, desto weniger Chancen wird es bei der Abstimmung im Plenum haben. Die Parlamentarier stört neben der realen Kürzung vor allem die Schere zwischen den (höheren) Verpflichtungen und den (niedrigeren)  Zahlungsermächtigungen – laut Schulz ein Patentrezept für eine „Defizitunion“. Hannes Swoboda (SPÖ) wies aber bereits auf einen möglichen Ausweg hin: Sollte der Rat einem flexibleren Umgang mit den EU-Mitteln innerhalb des Finanzrahmens zustimmen, wäre das Parlament gesprächsbereit.

("Die Presse", Printausgabe, 09.02.2013)

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