Twittern: „Trage noch immer das gleiche Hemd“

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Der finnische Europaminister Stubb teilte seine ganz persönlichen Gipfelerlebnisse mit der Öffentlichkeit. Doch auch andere Politiker bloggten fleißig.

Brüssel/Wien . „Schlechte Nachrichten: eine weitere Verspätung. Gute Nachrichten: Das Sofa ist frei und ich werde darauf ein Schläfchen in der Senkrechten wagen.“ So mancher Beobachter der Budgetverhandlungen in Brüssel konnte das via Twitter verlautbarte Vorhaben des finnischen Europaministers Alexander Stubb nach einer durchwachten Gipfelnacht zwar gut nachfühlen. Den nur 30 Minuten später per Foto erbrachten Beweis für den „Power Nap“ hielt dagegen schon so mancher für entbehrlich: Stubb, in Socken auf einem beigen Sofa stehend, einen Polster zwischen Wand und Rücken geklemmt, die Augen zu, den Mund weit geöffnet.

Zwar nutzen auch andere Politiker die Kommunikationsplattform, um während des Gipfels Nachrichten zu verbreiten. Die meisten beschränken sich dabei aber auf sachliche Informationen zum aktuellen Geschehen. In Brüssel anwesende Journalisten erfahren oft über Twitter zuerst, ob eine Sitzung verschoben wurde oder Herman Van Rompuy einen weiteren Kompromissvorschlag vorgelegt hat: Der Ratspräsident informiert seine „Follower“ stets fleißig über den jeweiligen Ablauf der Sitzungen.

Von Hannes Swoboda erfahren Beobachter die jeweilige Position des Europaparlaments: „Sehr enttäuscht über den wahrscheinlichen Kompromiss zum EU-Budget, ohne Rücksicht auf Wachstum und Beschäftigung. Kein Zukunftsprojekt“, twitterte der Fraktionschef der Sozialdemokraten im EU-Parlament gestern Vormittag genervt ob des vorläufigen Minimalkompromisses der Mitgliedstaaten.

Cohen, eine Dusche und ein Frühstück

Stubb dagegen informierte die Öffentlichkeit am laufenden Band über persönliche Befindlichkeiten. „Ich trage noch immer das gleiche Hemd... Das (der Gipfel, Anmerkung) könnte ein Ein-Hemder werden“, twitterte er gestern Morgen. Und kurze Zeit später, nachdem das Treffen ein weiteres Mal für mehrere Stunden unterbrochen worden ist: „Hallelujah! Jeff Buckley und Leonard Cohen. Ich bin am Leben! Eine Dusche und ein Frühstück habens geschafft. Wieder bereit zu tanzen!“

Auch Kritik an der Gipfelorganisation wollte sich der ehemalige EU-Parlamentarier Stubb nicht verkneifen und sorgte damit schon am ersten Gipfeltag bei vielen Beobachtern für Unterhaltung. Früher sei gerätselt worden, wann ein Gipfel zu Ende ist, twitterte Stubb. „Heute rätseln wir darüber, wann wir starten.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.02.2013)

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