Privatisierung von Wasser: EU lenkt ein

(c) EPA (JULIEN WARNAND)
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Binnenmarktkommissar Barnier will Ausschreibungspflicht für Wasserversorgung lockern.

Wien/Brüssel/Ag. Im Streit um die öffentliche Wasserversorgung rudert die EU-Kommission zurück und signalisiert Kompromissbereitschaft. Brüssel wolle keine Zwangsprivatisierung der Wasserversorgung, erklärten Umweltkommissar Janez Potočnik und sein Binnenmarkt-Kollege Michel Barnier gestern, Freitag, in einer gemeinsamen Erklärung. Am Vortag hatte Barnier bereits Entgegenkommen angedeutet.

„Die Kommission erkennt an, dass Wasser ein öffentliches Gut ist, das für Bürger lebensnotwendig ist“, schrieben die beiden Kommissare. Ihre Behörde nehme zur Frage der Privatisierung eine neutrale Position ein und wolle diese nicht erzwingen. Zudem räumte Barnier in einem Interview mit der „Welt“ ein, dass die Kommunikation zum Thema Wasser „nicht perfekt“ gewesen sei. Die laufende Neufassung des EU-Gesetzes zu öffentlichen Ausschreibungen hatte Befürchtungen der kommunalen Wasserversorger ausgelöst. Der Gesetzesvorschlag werde unter keinen Umständen zu einer aufgezwungenen Privatisierung der Wasserdienstleistungen führen.

Verhandlungen laufen

Am Donnerstag hat Barnier in einer Rede vor EU-Parlamentariern erklärt, er wolle die Ausschreibungspflicht für die kommunale Wasserversorgung stärker lockern als bisher vorgeschlagen. Nach dem neuen Vorschlag müsste die Wasserversorgung dann nicht ausgeschrieben werden, wenn die Wassersparte etwa eines Stadtwerks mindestens 80Prozent ihres Umsatzes in der Heimatkommune macht. Dazu müsste die Wasserversorgung aber von den anderen Sparten zumindest buchhalterisch getrennt sein. Bisher hat der EU-Kommissar diese 80-Prozent-Regel auf mehrere Sparten gleichzeitig anwenden wollen. Dadurch hätte auch für die Wasserversorger die Pflicht zur europaweiten Ausschreibung eher gegriffen.

Die Richtlinie wird nun zwischen EU-Parlament, Kommission und Regierungen verhandelt. Eine Abstimmung im Plenum des Europaparlaments ist laut „Süddeutscher Zeitung“ für den 10.September vorgesehen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 23.02.2013)

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