Korruption in der EU-27 kostet jährlich 120 Milliarden Euro

(c) EPA (NICOLAS BOUVY)
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EU-Kommissarin Malmström ermahnt Mitgliedstaaten zum Handeln und kündigt Korruptionsberichte zu jedem Land an.

Brüssel/Wien. Fast alle Mitgliedstaaten müssen sparen. Doch noch immer fließen bei staatlichen Aufträgen Milliarden Euro unversteuert in dunkle Kanäle. „Die EU-Kommission schätzt, dass den 27 Mitgliedstaaten jedes Jahr 120 Milliarden Euro durch Korruption verloren gehen“, sagte die für innere Sicherheit zuständige EU-Kommissarin, Cecilia Malmström, diese Woche bei einem Anti-Korruptions-Seminar im schwedischen Göteborg. Dieses Ausmaß entspreche etwa dem jährlichen Budget der Europäischen Union. Malmström will die Mitgliedstaaten dazu drängen, stärker gegen Korruption vorzugehen. Zwar werde es keine neuen EU-Regeln geben. Aber die Kommission werde jährlich einen Bericht über Korruption zu jedem Mitgliedstaat verfassen. In den Berichten wird es auch Empfehlungen für die jeweilige Regierung geben.

Heute, Donnerstag, und morgen, Freitag, wird Korruption auch Thema des Rats der EU-Innenminister sein. Dabei steht die Aufnahme von Rumänien und Bulgarien in den Schengen-Raum auf der Tagesordnung. Beiden Ländern wird vorgeworfen, dass sie bisher zu wenig gegen Korruption unternommen hätten. Deutschland, Frankreich, die Niederlande und Finnland wollen sich gegen eine Grenzöffnung für die beiden Länder aussprechen.

Als sauberste Mitgliedstaaten gelten laut einer Studie von Transparency International aus dem vergangenen Dezember Dänemark und Finnland. In beiden Ländern hat Korruption heute kein wesentliches Ausmaß mehr. Die Lage in Österreich hat sich zuletzt wieder deutlich verschlechtert. Im Ranking der untersuchten 176 Länder ist Österreich von Platz zehn (2005) auf Platz 25 (2012) abgestürzt.

Neue Mitglieder fallen zurück

Gestiegen ist das Korruptionsaufkommen auch in vielen neuen Mitgliedstaaten Mittel- und Osteuropas. Laut Transparency International zeigen Tschechien, die Slowakei und Ungarn heute weniger Engagement im Kampf gegen Korruption als noch kurz nach ihrem Beitritt zur EU. Besonders schlecht sei derzeit die Lage in den Euro-Krisenländern Griechenland, Portugal und Spanien.

Malmström warnt davor, dass der mangelnde Kampf gegen Korruption das Vertrauen in staatliche Institutionen und in die Politik beschädige. „Außerdem unterwandert sie die gesunden Funktionen des Marktes und des Wettbewerbs.“ Im staatlichen Beschaffungswesen, so die Kommissarin, gingen bis zu 25Prozent der öffentlichen Mittel durch Korruption verloren. Eine Eurobarometer-Umfrage aus dem vergangenen Jahr hat ergeben, dass drei von vier EU-Bürgern Korruption als eines der größten Probleme in ihrem Land sehen. Etwa die Hälfte der Befragten gab an, dass sich das Problem der Korruption in ihrem Land während der letzten drei Jahre verstärkt habe. In Griechenland hielten 99Prozent der Bevölkerung bei dieser Umfrage die staatlichen Institutionen für korruptionsanfällig. In Österreich waren es immerhin 85Prozent. Im Vergleich: In Dänemark gab lediglich jeder vierte Befragte (25Prozent) an, dass er die staatlichen Institutionen für korruptionsanfällig hält.

Bestechung für staatliche Aufträge

Wie stark Korruption bei staatlichen Aufträgen nach wie vor verbreitet ist, versuchte auch Transparency International darzustellen. Als Beispiel nannte die Organisation Tschechien, wo drei von fünf Managern privater Unternehmen in einer Umfrage angaben, sie müssten sich auf Bestechung oder auf Provisionen einlassen, um einen öffentlichen Auftrag zu erhalten.

Die EU-Innenkommissarin wies allerdings darauf hin, dass es nicht nur in den Mitgliedstaaten, sondern auch in den EU-Institutionen Korruption gebe. Jüngst hätten mehrere Fälle in der EU-Kommission und im Europaparlament gezeigt, dass sich auch die EU selbst mehr engagieren müsse, um Korruption zu bekämpfen, so Malmström.

Auf einen Blick

Korruption. Die EU-Kommission will stärker gegen Korruption vorgehen. Jährlich gehen den 27 Mitgliedstaaten laut einer Schätzung der Brüsseler Experten 120 Milliarden Euro verloren. Das Hauptaugenmerk wird dabei auf das öffentliche Beschaffungswesen gerichtet. In diesem Bereich gehen bis zu 25Prozent der öffentlichen Mittel verloren. Ab diesem Jahr wird die Kommission einen Korruptionsbericht zu jedem Mitgliedstaat verfassen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 07.03.2013)

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