Paul Krugman und die Kakerlaken

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Streitbarer US-Ökonom und die EU-Kommission liefern sich einen digitalen Schlagabtausch.

Brüssel/La. Dass der „New York Times“-Kolumnist Paul Krugman kein Freund der feinen rhetorischen Klinge ist, wissen alle, die seinen jahrelangen Kampf gegen George W. Bush mitverfolgt haben. Doch vor einiger Zeit hat der streitbare US-Ökonom ein anderes, publizistisch dankbares Ziel gefunden: EU-Währungskommissar Olli Rehn, der für Krugman wie kein anderer Europas „Austeritätswahn“ verkörpert.

In einem Blog-Beitrag zu Wochenbeginn verglich Krugman die von Rehn vertretene Idee, der Ausweg aus der Schuldenkrise führe über Sparen und Strukturreformen, mit einer Kakerlake: auch diese sei nicht totzukriegen und komme immer wieder zurück – womit der Startschuss zu einem transatlantischen Schlagabtausch im Cyberspace gegeben war. Per Twitter schossen sich diverse Sprecher der EU-Kommission auf den Kolumnisten ein: Er sei voreingenommen und würde ausschließlich für Konjunkturpolitik auf Pump plädieren. Selbst Kommissarin Neelie Kroes schaltete sich in den Disput ein und griff Krugmans Diktion auf: Der Euro und die EU seien ebenfalls wie Kakerlaken und würden alle Krisen überstehen.

Worum geht es? Um den sogenannten „Multiplikatoreffekt“ einer Konsolidierung – er zeigt an, wie stark die Wirtschaft im Zuge eines Sparprogramms zurückgeht. Anders ausgedrückt: Wenn das BIP schneller schrumpft als die Staatsschuld, dann steigen die Schulden in Relation zur Wirtschaftsleistung – unabhängig davon, wie viel tatsächlich eingespart wurde. Genau diese These vertritt Krugman: Europas Sparprogramme haben demnach eine Rezession ausgelöst und so zu einem Anstieg der Schulden geführt – der Multiplikatoreffekt ist also negativ.

Brüssel sieht es anders: Angesichts der hohen Schuldenquote der Krisenländer gebe es keine Alternative zum Sparen – und auch kein Geld für Maßnahmen zur Ankurbelung der Wirtschaft.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 07.03.2013)

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