Polen: Euro-Einführung nicht ohne Votum?

Jacek Rostowski
Jacek Rostowski (c) REUTERS (PETER ANDREWS)
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Finanzminister Jacek Rostowski plädiert für ein Referendum über den Euro-Beitritt. Momentan ist nur ein Drittel der Bevölkerung geneigt, den Złoty aufzugeben.

Brüssel/Warschau. Seit die Eurozone in die Krise geschlittert ist, hat die Begeisterung für die Einheitswährung in den EU-Mitgliedsländern Zentral- und Osteuropas spürbar nachgelassen. Zwar bereiten sich die Letten auf die Einführung des Euro (aller Voraussicht nach Anfang 2014) vor, doch Lettland ist eine kleine, offene Volkswirtschaft, die den Lats ohnehin an den Euro gekoppelt hat. Anders die Ausgangssituation in den größeren EU-Ländern, für die eine eigene Währung ein nützlicher Puffer in konjunkturell stürmischen Zeiten sein kann.

Besonders gut zu beobachten ist dieses Dilemma dieser Tage in Polen. Zwar hat sich Warschau anlässlich des EU-Beitritts 2004 dazu verpflichtet, den Euro zu übernehmen, doch besonders eilig scheint man es damit nicht zu haben. Aus gutem Grund: Seit dem Ausbruch der Krise 2008 ist Polen das einzige EU-Land, das keine Rezession durchmachen musste. Neben der Größe seines Binnenmarkts hat vor allem der Złoty dazu beigetragen – als die EU in Schwierigkeiten geriet, wertete die polnische Währung gegenüber Euro und Dollar ab, was die polnischen Produkte im Ausland billiger machte.

Die Währung als Politikum

Dass der Euro ausgerechnet jetzt zum Thema wird, hat mit der innenpolitischen Lage zu tun. Um die Einheitswährung einzuführen, bedarf es einer Verfassungsänderung. Ohne die rechtsnationale Oppositionspartei PiS hat das Mitte-rechts-Kabinett von Premier Donald Tusk diese Mehrheit nicht. Für PiS-Chef Jarosław Kaczyński, der auf Erfolg bei den Parlamentswahlen 2015 hofft, ist Brüssel die Quelle allen Übels und die EU ein neuzeitlicher Wiedergänger der stalinistischen Diktatur.

Doch auch innerhalb des Regierungslagers scheint man sich über die Vorgangsweise nicht einig zu sein. Tusk selbst will die Entscheidung über den Euro in den „kommenden Monaten“ fällen, Staatschef Bronisław Komorowski wiederum will erst nach 2015 entscheiden. Und am Donnerstag forderte Finanzminister Jacek Rostowski eine Volksabstimmung über den Beitritt zur Eurozone.

Diese Variante, die auch der Regierungschef favorisiert, hätte den Vorteil, dass sie der Opposition den Wind aus den Segeln nehmen würde – PiS-Chef Kaczyński könnte den Euro also nicht im Vorfeld der Wahl zum Politikum machen. Das Problem ist nur, dass die Stimmung in Polen momentan stark eurokritisch ist. Gemäß jüngsten Umfragen spricht sich nur ein Drittel der Bevölkerung für die Aufgabe des Złoty aus.

Einziger Trost für Tusk: Momentan erfüllt Polen die Beitrittskriterien punkto Inflation und Defizit ohnehin nicht. Der Premier könnte das Thema also auf die lange Bank schieben – sofern sein Widersacher Kaczyński es zulässt.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 29.03.2013)

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