Vertrauen in EU eingebrochen

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In fast allen Mitgliedstaaten wächst das EU-Misstrauen. Auch in Österreich hat es sich seit Ausbruch der Krise verstärkt.

Wien/Wb. Umfragen sind so wie alle Statistiken interpretierbar. Bei den jüngsten Präsentation der Ergebnisse der europaweit durchgeführten Eurobarometer-Umfrage war das nicht anders. Auch zu Österreich hieß es in den offiziellen Statements der EU-Kommission, die Stimmung zur EU habe sich stabilisiert, wenn nicht sogar geringfügig verbessert. Doch wer so wie das „European Council on Foreign Relations“ (ECFR) einmal eine längerfristigen Vergleich zieht, für den wird der Einbruch des Vertrauens offensichtlich. Gaben 2007 noch 43 Prozent der befragten Österreicher an, sie hätten „eher kein Vertrauen“ in die Europäische Union, waren es bei der letzten Eurobarometer-Umfrage im November 2012 bereits 55 Prozent. Besonders stark ist das Vertrauen in größeren Mitgliedstaaten eingebrochen, die vor fünf Jahren noch eine sehr positive Stimmung zur EU verzeichneten.

Das betrifft vor allem das ehemals europafreundliche Deutschland. Gaben 2007 lediglich 36 Prozent der Deutschen an, sie hegten Misstrauen der EU gegenüber, schnellte dieser Wert in der Krise auf 59 Prozent hoch. In Frankreich nahm das Misstrauen im selben Zeitraum von 41 auf 56 Prozent zu. In Italien hat es sich fast verdoppelt. In Großbritannien ist das traditionell geringe Vertrauen noch weiter gesunken.

Besonders negativ ist die Stimmung in den von der Finanz- und Schuldenkrise betroffenen Ländern. Gaben 2007 lediglich 23 Prozent der Spanier an, sie hätten „kein Vertrauen“ in die EU, sind es heute 72 Prozent. In Griechenland, das von den Europartnern zwar mit Hilfskrediten unterstützt wird, in dessen Bevölkerung aber das Gefühl wächst, einem allzu harten Sparkurs ausgesetzt zu sein, sank das Vertrauen ins Bodenlose. 2007 gaben lediglich 37 Prozent an, sie hätten kein Vertrauen, im November des Vorjahres erreichte das Misstrauen 81 Prozent. Wohl nicht nur wegen der Krise, sondern auch wegen der politischen Differenzen mit der EU ist die Stimmung in Ungarn eingebrochen. Vor fünf Jahren misstraute lediglich knapp jeder dritte Ungar der Union, Ende vergangenen Jahres war es jeder zweite.

„Der Schaden ist so groß, dass es keinen Unterschied macht, ob man aus einem Gläubiger- oder Schuldnerland kommt, einem zukünftigen Beitrittsland oder aus Großbritannien: Jeder ist schlecht dran“, sagte José Ignacio Torreblanca, Chef des ECFR-Büros in Madrid, zu der Spezialauswertung seines Instituts im Gespräch mit der britischen Tageszeitung „Guardian“.

WEITERE INFORMATIONEN UNTER

www.diepresse.com/eurobarometer

("Die Presse", Print-Ausgabe, 27.04.2013)

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