"Manipulation und Lüge": Eklat um künftigen EU-Haushalt

(c) EPA (CHRISTOPHE KARABA)
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Die irische Präsidentschaft hat eine Einigung zu früh verkündet. Der Verhandler des EU-Parlaments trat zurück.

Brüssel/Apa/Wb. Eine schwere Kontroverse hat die von der irischen Ratspräsidentschaft verkündete Einigung über den künftigen EU-Haushalt mit dem Europaparlament ausgelöst. Der zuständige Chefverhandler, der deutsche CDU-Abgeordnete Reimar Böge, bezichtigte am Donnerstag die irischen Verhandler und die EU-Kommission der „Manipulation“, „der Lüge“ und der „Irreführung der Öffentlichkeit“. Böge trat anschließend von seiner Position als Verhandler zurück. Das Parlament ist nicht mehr bereit, mit den Vertretern der irischen Präsidentschaft über den knapp eine Billion Euro schweren Haushalt zu verhandeln. Es wird mit einer Verzögerung bis Herbst gerechnet.

Böge stellte klar, dass es keine wirklichen Verhandlungen gegeben habe. Die Iren hätten einen Text vorgelegt, der nicht als geeignete Basis akzeptiert wurde. Es wurde dann beschlossen, diesen Text dennoch dem Europaparlament vorzulegen. „Ich will einer möglichen Abstimmung im Plenum des Europaparlaments dazu nicht im Wege stehen“, sagt Böge. Der Vizepräsident des Parlaments, ÖVP-Europaabgeordneter Othmar Karas, zeigte sich über die Vorgänge erschüttert. „Der Rücktritt ist ein Aufschrei und ein Alarmsignal, dass wir mit diesem Stil und diesen Inhalten die zukünftigen Herausforderungen der EU nicht bewältigen können.“

Das EU-Parlament hat stets die Kürzung des künftigen Haushaltsrahmens für die Jahre 2014 bis 2020 kritisiert. Als Kompromiss schlugen die Abgeordneten vor, die nicht verbrauchten Fördermittel einzubehalten und in andere Ausgabenkategorien umzuschichten. Derzeit werden diese Mittel Jahr für Jahr an die Mitgliedstaaten zurückgezahlt. Außerdem forderten die Europaabgeordneten eine Überprüfung des Budgets 2016 und Perspektiven für neue Eigenmittel. Der EU-Finanzrahmen sieht einen Umfang von 960 Milliarden Euro für sieben Jahre vor. Damit er in Kraft treten kann, muss das EU-Parlament zustimmen.

„Es ist klar, dass es keine Zustimmung des Europäischen Parlaments zu diesem Zeitpunkt vonseiten der sozialdemokratischen Fraktion geben wird“, sagte der sozialdemokratische Fraktionschef Hannes Swoboda. Er kritisierte eine „Erpressung“ seitens der EU-Staaten. „Wir bedauern zutiefst, dass der Rat dem Europäischen Parlament nicht mehr entgegengekommen ist in dem, was die Anforderungen für die Bürgerinnen und Bürger der EU sind.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.06.2013)

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