Teureres Reiten: Steuerstreit auf Rücken der Pferde

(c) APA/BARBARA GINDL
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Da Österreich die EU-Umsatzsteuerrichtlinie nach einer Verurteilung durch den EuGH extrem hart umsetzt, rebellieren Pferdesportverbände, Bauern und Reiter.

Wien. „Was ist der Unterschied zwischen Pferd und Kuh?“, fragt sich Gerold Dautzenberg, Vizepräsident des Österreichischen Pferdesportverbands (OEPS). Beides sind Tiere, die auf Bauernhöfen gehalten werden. Sie fressen dasselbe Heu, aber besteuert werden sie ab 1.Jänner 2014 völlig anders. Die Kuh fällt in die geringe Pauschalbesteuerung der landwirtschaftlichen Betriebe, das Geschäft mit Pferden– ob sie gezüchtet, vermietet oder für ihre Eigentümer gepflegt werden – muss künftig mit 20 Prozent Umsatzsteuer belastet werden.

Seit Wochen sind Reiter, Bauern und Betreiber von Pferdepensionen in Aufruhr. Sie machen „die EU“ für eine erhebliche Teuerung ihrer Dienstleistungen verantwortlich. Seit der EuGH im Mai 2011 entschieden hat, dass es für das Geschäft mit Reitpferden keine Umsatzsteuererleichterungen geben darf, fürchten Bauern um ihre Existenz, Reiter erwarten erhebliche Mehrkosten. „Dass wir Umsatzsteuer zahlen, sehe ich als richtig an“, differenziert Dautzenberg. Doch die Umsetzung in Österreich sei völlig falsch gelaufen. Die Interessenvertretungen wurden nicht gehört. Deshalb braue sich eine Stimmung zusammen, die laut Schätzungen des Pferdesportverbands bis zu 3000 Arbeitsplätze kosten könnte. Viele bäuerliche Betriebe denken darüber nach, aus dem Pferdegeschäft auszusteigen.

Seit vergangenem Jahr müssen bereits gewerbliche Pferdepensionen von einem ermäßigten Steuersatz von 10 Prozent auf nun 20 Prozent umsteigen. Sie können allerdings so wie jeder Betrieb, für den die Gewerbeordnung gilt, ihre Investitionen über die Vorsteuer absetzen. Dadurch müssen sie nur einen Teil der Zusatzkosten an ihre Kunden weitergeben. Landwirtschaftliche Betriebe, die mit Jänner 2014 die Steuerpflicht trifft, können ihre Investitionen hingegen nicht absetzen. Sie fallen in ein völlig anderes Steuersystem mit einem Pauschale. Bei ihnen schlägt die Steuer deshalb direkt durch.

Mehreinnahmen für den Staat

Dass die traditionelle Pferdezucht seit Jahrhunderten zur Urproduktion der Landwirtschaft zählt, wurde in der von der Bundesregierung nun neu umgesetzten Umsatzsteuerrichtlinie der EU nicht berücksichtigt. In Österreich werden rund 120.000 Pferde gehalten. Der Jahresumsatz im Geschäft mit Pferden wird auf 2,7 Milliarden Euro geschätzt – für den Staat eine schöne Mehreinnahme.

Die Kosten werden überwiegend die Pferdebesitzer tragen müssen. Derzeit kostet das Einstellen eines Pferdes zwischen 350 und 550 Euro pro Monat. Ohne Begleitmaßnahmen wird diese Dienstleistung erheblich teurer werden.

Laut Landwirtschaftskammer hat die Regierung die Rahmenbedingungen für Bauern, die sich mit der Pferdehaltung einen Teil ihrer Lebensgrundlage verdienen, außer Acht gelassen. Die Betriebe produzieren beispielsweise das Heu und Stroh, das sie verfüttern, selbst. „Für alle selbst erzeugten Produkte kann aber keine Rechnung mit Umsatzsteuer ausgestellt werden.“ Dafür ist auch kein Vorsteuerabzug möglich. Die Landwirtschaftskammer hat deshalb das Finanzministerium ersucht, in der österreichischen Umsetzung des EU-Steuerrechts ein Vorsteuerpauschale von 16 Prozent zu berücksichtigen. Doch eine solche Regelung, die es beispielsweise bereits für Bauern gibt, die ihre Produkte selbst vermarkten (Direktvermarkter), wurde abgelehnt. Jetzt läuft ein Sturm des Protests in Facebook-Foren und Petitionen. „Es wurde weder informiert, noch ist auf die Situation der Betriebe eingegangen worden“, kritisiert Dautzenberg.

Die Lage der landwirtschaftlichen Betriebe mit Pferdehaltung hat sich allerdings auch dadurch verschärft, dass gleichzeitig heimische Behörden verstärkt prüfen, ob diese nicht als Gewerbebetrieb einzustufen sind. Dies trifft zu, wenn das Geschäft mit Dienstleistungen rund um das Pferd eine Grenze von 25 Prozent der Gesamterlöse übersteigt. Eine Umstellung bedeutet einen Rattenschwanz an Folgen, etwa die Notwendigkeit einer Betriebsanlagengenehmigung, einer Umwidmung des Grünlands, in dem die Höfe stehen, und natürlich auch einen Ausstieg aus dem günstigen Steuerpauschale.

AUF EINEN BLICK

Pferdehaltung. Ab 1.Jänner müssen Bauern, die Pferde züchten, vermieten oder für ihre Eigentümer einstellen, 20Prozent Mehrwertsteuer verrechnen. Ursache ist eine EuGH-Entscheidung aus 2011, die einen reduzierten Steuersatz für das Geschäft mit Reitpferden abgelehnt hat. In Österreich werden Bauern aber pauschal besteuert, sie haben keine Möglichkeiten, ihre Investitionen in Pferdeställe, Weiden oder Futter im Gegenzug steuerlich abzusetzen. Deshalb schlagen die Mehrkosten direkt auf die Reiter durch.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.11.2013)

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