Merkel spricht Griechen Mut zu

Merkel auf Kurzbesuch in Athen (mit Griechenlands Regierungschef Samaras).
Merkel auf Kurzbesuch in Athen (mit Griechenlands Regierungschef Samaras).(c) REUTERS (ALKIS KONSTANTINIDIS)
  • Drucken

Die deutsche Kanzlerin äußerte sich bei einem Kurzbesuch in Athen zuversichtlich über die weitere Entwicklung des Landes. Eine Förderbank soll kleinen Unternehmen helfen.

Athen. „Ein zweites Vertrauensvotum“ – so bezeichnete die griechische Presse den Tagesausflug der deutschen Kanzlerin Angela Merkel in die griechische Hauptstadt, Athen, am gestrigen Freitag; nur einen Tag nachdem das Land erstmals seit 2010 erfolgreich langjährrige Anleihen auf dem Kapitalmarkt platziert hatte. Griechenland hatte sich wie berichtet mit drei Milliarden Euro versorgt, der Zinssatz lag bei 4,75 Prozent.

Die Ausgangslage des Schuldenstaats hat sich im Vergleich zum Oktober 2012, als die Kanzlerin Athen die erste Visite nach dem Ausbruch der Schuldenkrise abgestattet hat, also durchaus verbessert; nur das Besuchsprogramm hat jenem von vor eineinhalb Jahren geglichen: Ankunft am frühen Nachmittag, geräumte Straßen, ein Businessforum hinter verschlossenen Türen und der Pressetermin mit dem konservativen Parteikollegen, dem griechischen Ministerpräsidenten Antonis Samaras. Kurz, wenig spektakulär, aber sicher.

Damals, nach dem Schuldenschnitt auf Kosten der privaten Anleger und den hochgradig riskanten Doppelwahlen von Mai und Juni 2012, dem drohenden Ausscheiden aus der Eurozone wurde ihrem Besuch geradezu hysterische Aufmerksamkeit gewidmet. Inzwischen haben die lokalen Medien das Wort „Grexit“ neu interpretiert: Es bezeichnet nun den griechischen Gang auf die internationalen Anleihenmärkte, den Ausbruch aus der Isolation.

Vielleicht ist es das neue Selbstbewusstsein, der neue Blick nach vorn, wie ihn auch Samaras selbst beschworen hat, der die Athener dazu veranlasst hat, weitaus entspannter als beim letzten Mal auf den Besuch der Kanzlerin zu reagieren. Noch am Nachmittag ging im geschäftigen Athener Zentrum – abgesehen von der Sperrzone – alles seinen gewohnten Gang, als ob man die Anwesenheit der deutschen Kanzlerin geradezu bewusst ignorierte. Zahlreiche Schaulustige gab es nur beim Schauplatz der Autobombenexplosion von Donnerstag vor der griechischen Zentralbank, die teilweise beträchtlichen Schäden an den umliegenden Fassaden wurden eingehend bewundert. Die Polizei geht davon aus, dass hinter dem Attentat die linke Terrororganisation Revolutionärer Kampf steht. Beim Businessforum mit Vertretern von Start-up-Firmen beschworen Merkel und Samaras das künftige griechische Wirtschaftswachstum. Tausende Klein- und Mittelbetriebe mussten in den letzten vier Jahren zusperren, der zusammengebrochene Konsum und die fehlenden Kreditfinanzierungen hatten ihnen das Genick gebrochen. Griechenland will in den nächsten Wochen ein neues Wachstumsmodell vorstellen, das auf exportorientiertes, innovatives Unternehmertum gegründet sein soll.

Schwierig sei nach wie vor die Kreditklemme für griechische Unternehmen, sagte Merkel. Hier kündigte die Kanzlerin an, Deutschland werde seinen Beitrag für die geplante Förderbank leisten. Im Gespräch ist eine Unterstützung von 100 Millionen Euro als deutsche Kreditlinie. Samaras bekräftigte, die Zeit, in der sich sein Land „auf große Unternehmen oder den Staat stützte, ist vorbei“. Seine Regierung arbeite gezielt an dem Aufbau eines wirtschaftsfreundlichen Umfelds und neuer Technologien.

Potenzial im Internetbereich

Auch Merkel sprach den Griechen Mut zu: Angesichts der Veränderungen im Land glaube sie, dass Griechenland „mehr Möglichkeiten offenstehen, als sich Schwierigkeiten ergeben werden“. Merkel plädierte etwa dafür, über eine Verlängerung der Tourismussaison nachzudenken; auch im Internetbereich liege großes Potenzial.

Ihre vielen Gegner, die sich ab dem späten Nachmittag an verschiedenen Plätzen außerhalb der Sperrzone zu Demonstrationen gegen die Sparpolitik der Kanzlerin versammelten, bekam sie nicht zu Gesicht. Dass sie in Griechenland nicht überall beliebt ist, ist Merkel aber sehr wohl bewusst. Zu den Jungunternehmern sagte sie, dass viele wohl nicht mehr mit ihnen sprechen würden, weil sie sich mit ihr getroffen haben.

AUF EINEN BLICK

Die deutsche Kanzlerin, Angela Merkel, besuchte am gestrigen Freitag Griechenland – nur einen Tag nachdem der kriselnde Eurostaat erstmals seit 2010 erfolgreich eine langjährige Anleihe auf dem Kapitalmarkt begeben hatte. Sie sprach den Griechen Mut zu; auch könnte Deutschland 100 Mio. Euro für eine Förderbank zur Unterstützung griechischer Unternehmen beitragen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 12.04.2014)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.